Nachholbedarf bei der Förderung von Frauen in Führungspositionen

Insgesamt zwei Drittel der Antworten (von 580) stammen von kleinen und mittleren Unternehmen. „Dies zeigt deutlich den Widerspruch zur Behauptung, die Sensibilität gegenüber der Vielfalt sei ausschließlich ein Thema für Großunternehmen“, betonte Dr. Sandra von Möller, selber Unternehmerin und als Vizepräsidentin der IHK Köln zugleich die Leiterin des Arbeitskreises Gender & Diversity.

Ältere Arbeitnehmer werden gezielt eingestellt
Die detaillierte Auswertung der Umfrage-Ergebnisse zeigt, dass zwar nur 26 Prozent der Unternehmen sehr systematisch die unterschiedlichen Dimensionen der Diversität auswerten, jedoch bei Nachfragen zu den einzelnen Faktoren seien erstaunliche Ergebnisse zu erkennen. Insbesondere zeigt sich, dass die Zielgruppe der Älteren in den Wahrnehmungs-Fokus der Unternehmen gerückt ist. „Rund zwei Drittel der Unternehmen haben in den vergangenen zwei Jahren gezielt über 50jährige eingestellt, und rund 40 Prozent der Firmen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teilzeit oder als Beraterinnen und Berater, ebenso wie als Mentorinnen oder Mentoren nach Eintritt in den Ruhestand weiter“, berichtet von Möller. Vergleichbares gilt für Menschen mit Migrationshintergrund – auch hier nutzen rund zwei Drittel der Unternehmen die sprachlichen und kulturellen Kompetenzen, über die diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen.

Chancen für Berufseinsteiger
Ebenso positiv sei festzustellen, dass auch zwei Drittel der Unternehmen bewusst Berufseinsteigern eine Chance geben und ebenso gezielt in die Qualifizierung des Nachwuchses investieren. Zudem unterstützen schon fast die Hälfte der Unternehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen beim Umgang mit Vielfalt – unter anderem durch entsprechende interne Kommunikation, durch Mentoring oder Netzwerke.

Manko: Keine Führungsaufgaben für Teilzeitbeschäftigte
Ein Ergebnis, das auf den ersten Blick verblüffen mag: Obwohl schon 37,9 Prozent der Unternehmen eigene Angebote zur Kinderbetreuung vorhalten, hat dies nur geringe Auswirkungen auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Frauen und Männer in Führungspositionen. Die Umfrage der IHK Köln bestätigt damit indirekt die Annahme, dass Unterstützung bei der Kinderbetreuung nicht das allein funktionierende Instrument ist, mit dem Eltern für eine Führungsposition gewonnen werden können. Wichtiger scheint zu sein, dass die Annahme einer Führungsposition Zeit für die Familie lässt. Arbeiten in Teilzeit bei gleichzeitiger Führungsverantwortung bleibt jedoch die Ausnahme. Und da immer noch der größte Teil der Familienarbeit bei den Frauen liegt, wundert es entsprechend auch nicht, dass die große Mehrheit der Unternehmen angibt, über drei Viertel der Führungspositionen seien ausschließlich mit Männern besetzt.

Nur ein Drittel der Unternehmen beschäftigen Schwerbehinderte
Nicht nur bei „Frauen in Führungspositionen“ und „Führungsverantwortung auch bei Teilzeitjobs“ zeigen die Ergebnisse der Studie Handlungsbedarf. Dasselbe gilt für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. Trotz der gesetzlichen Abgabeverpflichtung beschäftigen nur ein Drittel der Unternehmen Schwerbehinderte. Ebenfalls bisher von den Unternehmen wenig genutzt ist die gezielte Ansprache von Fachkräften mit einer gleichgeschlechtlichen sexuellen Orientierung. Obwohl hier die Region Köln deutschlandweit als besonders tolerant gilt, thematisieren dies nur 8,3 Prozent der Unternehmen hausintern.

Wünsche an die IHK Köln
„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich, dass der Boden für eine diversityorientierte Fachkräftepolitik in der Region Köln schon sehr gut vorbereitet ist“, betont Gregor Berghausen, bei der IHK verantwortlich für die Bildung und Fachkräftesicherung. „Die Unternehmen sind deutlich weiter, als von vielen Experten erwartet. Allerdings bedarf es nun des Schritts von Einzelmaßnahmen hin zu einer an Vielfalt orientierten Personalpolitik – gerade bei den kleinen und mittleren Unternehmen. Hier haben die Unternehmen auch klare Forderungen an die IHK zurück gemeldet.“

Die Wünsche der Unternehmen an die IHK Köln: Neben konkreten Qualifizierungs- und Informationsangeboten soll die IHK anschauliche Erfolgsgeschichten verbreiten und die Vernetzung fördern. „Ich sehe hier einen klaren Auftrag auch für unseren Arbeitskreis Gender & Diversity, der vor anderthalb Jahren von der IHK Köln ins Leben gerufen wurde,“ bestätigt Dr. Sandra von Möller. „Das Thema Vielfalt wird zu einem Schlüsselthema für die Fachkräftesicherung der Unternehmen – und in der aktuellen politischen Diskussion vielleicht auch für unsere gesamte Gesellschaft.“