Die schweren Brocken auf dem Weg zum Titel

Den deutschen Fußball-Herren sagt man ja bei internationalen Wettbewerben fast ein abenteuerliches „Losglück“ nach. Bei den Frauen ist das nicht anders. Allerdings liegt das in der Regel weder an einer wohlgestimmten Glücksfee noch an Fußballmächten: Zwar nähern sich die Nationen auch bei den Frauen qualitativ immer mehr an, die große Breite an Titelkandidaten, gibt es aber noch lange nicht. Wer sind die gefährlichsten Gegner für das deutsche Team?

Viertelfinal-Einzug wird kein Selbstläufer

Auf den ersten Blick darf die deutsche Mannschaft dementsprechend selbstbewusst in das Unterfangen Titelverteidigung starten. Unterschätzen sollte der Gastgeber jedoch keinen Gegner, sonst droht das frühzeitige Aus. Denn schon die Vorrunde hat es in sich. Zwar hat die DFB-Elf im Herbst letzten Jahres sowohl Kanada als auch Nigeria noch deutlich bezwungen, doch das Team von Silvia Neid hat es mit den beiden Gegnern mit dem jeweiligen Kontinentalmeister zu tun. Kanada ließ bei der letzten Nordamerikameisterschaft sogar den zweifachen Weltmeister, USA, hinter sich.  Gruppengegner Frankreich konnte zwar noch nicht für Furore sorgen, hat sich qualitativ aber enorm verbessert und ist laut Fifa-Weltrangliste mittlerweile die Nummer sieben der Welt.

England sinnt auf Revanche

Ein Ausscheiden der deutschen Mannschaft in der Vorrunde käme allerdings einem Debakel  gleich. Die wirklich schweren Brocken warten erst in den Finalspielen.  In der Runde der letzten Acht könnte es der Gastgeber gleich mit drei starken Gegnern zu tun haben. Mexiko erreichte bei der vergangenen Nordamerikameisterschaft überraschend den zweiten Platz und schaltete im Halbfinale sensationell die USA aus. Stärker ist das Team aus Japan einzuschätzen. Die Mannschaft um die beiden Bundesliga-Akteurinnen Yuki Nagasato und Kozue Ando spielt einen technisch und taktisch versierten Fußball. Der ganz große Wurf ist bislang ausgeblieben, dennoch hat sich die „Nadeshiko“ in der Weltrangliste auf den vierten Rang vorgearbeitet.  Besonders unangenehm dürfte jedoch ein Duell gegen England sein. Das Mutterland des Fußballs entwickelt sich immer mehr zu einer festen Größe in Europa. 2009 erreichten die Britinnen sogar das Finale der EM, unterlagen dort allerdings Deutschland. Nach der bitteren 2:6-Niederlage haben die Lions mit der DFB-Elf noch eine Rechnung zu begleichen.

Die Topfavoriten

Spätestens ab dem Halbfinale kommt es bei der WM zum großen Favoritensterben. Gleich vier potentielle Titelaspiranten wollen aus den Gruppen C und D ihre Chancen auf die Runde der letzten Vier wahren.

Die starken Skandinavier: 

Mit Schweden und Norwegen hoffen gleich zwei Nordeuropäer auf eine WM-Medaille. Ähnlich wie in Deutschland hat der Frauenfußball in Skandinavien einen hohen Stellenwert. In beiden Ländern wird seit vielen Jahren hochklassiger Sport betrieben. Die schwedische Liga zählt zu den stärksten Ligen der Welt. Trotz fünf WM-Teilnahmen, konnte Schweden das Turnier noch nie gewinnen, dafür die erste Europameisterschaft 1984. Mit attraktivem Fußball will die Mannschaft Thomas Dennerby Werbung für die kommende EM im eigenen Land machen. Norwegen feierte neben zwei EM-Titeln, Anfang 1995 den WM-Titel und fünf Jahre später olympisches Gold in Sidney. Der Glanz von einst ist verblasst. Seit 2000 gab es keinen großen internationalen Titel mehr. Doch unter Trainerin Eli Landsem scheint die erfolgshungrige Mannschaft an alte Leistungen anknüpfen zu können.

Der Weltranglistenerste:

Fast schon traditionell ist die USA im Kreise der Titelaspiranten gesetzt. Auch weil der Frauenfußball in den Vereinigten Staaten eine lange Geschichte hat und zu den populärsten Frauensportarten des Landes gehört.  In den jüngsten Begegnungen trat der Weltranglistenerste jedoch nur selten souverän auf. Unter anderem kassierte die Mannschaft von Pia Sundhage eine historische Pleite bei den Nordamerikameisterschaften. Gegen Gastgeber Mexiko verlor die USA erstmals überhaupt beim kontinentalen Wettbewerb.  Dennoch verfügt die amerikanische Nationalmannschaft über viele gute Einzelspieler, wie die US-Fußball-Ikone Abby Wambach.

Die Ballakrobaten vom Zuckerhut:

Nicht nur bei den Herren besticht der brasilianische Fußball durch filigrane Technik und beeindruckendem Offensivspiel. Auch die Damen spielen seit Jahren den vermutlich attraktivsten Fußball weltweit. Vor allem steht ein Name für die weibliche Seleção: Marta. Die  25-Jährige ist das Jahrhunderttalent des Frauenfußballs.  Bereits fünf Mal wurde die Stürmerin zur Weltfußballerin des Jahres gewählt. Zu Recht: Statistisch trifft Marta nahezu in jedem Länderspiel. Alleine bei der WM 2007 erzielte sie sieben Treffer, der Titel blieb der Goalgetterin wie auch Brasilien bislang verwehrt. Das soll sich in Deutschland ändern.

 Zwar steht der Mannschaft von Silvie Neid bis zum Endspiel im Olympiastadion ein schwerer Weg bevor, doch mit der Nation im Rücken ist der dritte Titelgewinn in Folge durchaus realistisch.