Zielstrebig, zielorientiert, demokratisch

„Innerhalb eines Jahres fahren die Busse und Bahnen der BVG mehr als 250 Millionen Kilometer. Umgerechnet sind das jeden Tag einmal zum Mond und wieder zurück oder 18 Mal um die Welt“, so laut Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die fast 11.000 Mitarbeiter beschäftigt und über 3.000 Fahrzeuge im Einsatz hat. Die Vorstandsvorsitzende heisst seit 11/2010 Dr. Sigrid Evelyn Nikutta.

Dr. Sigrid Evelyn Nikutta, 43, verheiratet, 4 Kinder, studierte an der Uni Bielefeld Psychologie mit den Schwerpunkten Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie und promovierte  an der LMU München. Zu der Zeit war sie schon bei der Deutschen Bahn beschäftigt. Bei der DB sammelte sie Erfahrungen u.a. im Bereich Bildung und Personal. Zuletzt war Nikutta Vorstand Produktion der DB Schenker Rail Polska.

Career-Women:  Ihr Promotions-Thema lautete: „Mit 60 im Management – Vorstand oder altes Eisen?“ Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen, was die Innovationsfähigkeit von 60+ betrifft?

Nikutta: Die Antwort ist eindeutig: Ältere Mitarbeiter sind ein unterschätztes Potenzial. Lernfähigkeit und Innovationsfähigkeit verändern sich mit dem Alter – die landläufige Meinung, dass Beides geringer wird, ist jedoch nicht richtig. Ältere können auf Ihr umfangreiches Erfahrungswissen setzen – dieses führt zu überlegterem und ausgewogenerem Verhalten. Für den Unternehmenserfolg ist die Mischung wichtig: Frauen, Männer, Jüngere, Ältere..und verschiedene kulturelle und soziale Hintergründe.

Career-Women: Coaching, interne Unternehmenskommunikation und moderne Managementmethoden sind Nikuttas Spezialgebiete, schrieb der Tagesspiegel anlässlich Ihrer Wahl zur Vorstandsvorsitzenden. Wie macht sich das in Ihrem Führungsstil bemerkbar?

Nikutta: In der Tat…. diese Themen habe ich an der Hochschule gelehrt und auch in meiner Promotion verarbeitet. Mein Führungsstil ist klar mitarbeiterfokussiert. Die Person meines Kollegen steht im Vordergrund. Ich sehe nicht nur den Mitarbeiter, sondern immer den Menschen. Das ist gut mit einem sehr zielstrebigen und zielorientierten, demokratischen Führungssstil vereinbar. Einbindung aller – über aller Hierarchieebenen hinweg – ist wichtig und dann klare, schnelle Entscheidungen, deren Umsetzung auch kontrolliert werden.

 Career-Women: Wie können Sie dazu beitragen, dass bei der BVG mehr Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen berücksichtigt werden?

Nikutta: Bei uns werden alle Führungspositionen öffentlich ausgeschrieben. Und wir schauen ganz genau, ob eine Frau nicht besser oder mindestens genauso gut geeignet ist. Meine Erfahrung ist durchaus, dass Frauen sich  extrem in Ihren Job „hineinkien“ – und so geben wir auch branchenfremden Frauen die Chance bei uns.

Career-Women: Wie kann man Frauen helfen, sich bei Bewerbungsgesprächen für Führungsaufgaben besser zu verkaufen?

Nikutta: Vorbilder, Vorbilder, Vorbilder… und Training. Das Verhalten in Stresssituationen – und das ist ein Vorstellungsgespräch zweifelsohne – ist nicht immer komplett rational steuerbar. Bei Stress greifen Menschen auf bewährte Verhaltensweisen und eingeübte Muster zurück. Und selbst selbstbewusste Frauen fallen im Zweifelsfall in die Kindheitssozialisation, die häufig immer noch das liebe, ehrliche Mädchen, gefördert hat, zurück. Hier hilft m.E. nur, das echte Üben. Meine Aufforderung an Frauen: Üben Sie anzugeben und sich anzupreisen und nur über Ihre positiven Eigenschaften und Ihre Erfolge zu reden.

Career-Women: Wieviel Zeit bleibt für das Privatleben mit Kindern und Ehemann?

Nikutta: Danke der Nachfrage. Wird diese Frage eigentlich auch Männern gestellt?

Career-Women: Natürlich nicht. Aber wir wollen Vorbilder für Frauen aufzeichnen und die interessiert natürlich auch, wie erfolgreiche Spitzen-Managerinnen Job und Familie vereinbaren.

Nikutta: “ Mein Privatleben ist ausgefüllt, niemals langweilig und mein einziges Hobby sind mein Mann und meine Kinder.“