Charme und Sachlichkeit

Anke Hoffmann, geschäftsführende Partnerin in der Kienbaum Berlin GmbH, zu der auch die Niederlassung Rostock gehört, hat gelernt, dass Durchhaltevermögen, Geradlinigkeit, Robustheit und Stabilität sowie ein intaktes familiäres Umfeld wichtig sind, um als Frau und Geschäftsführerin in der Personalberatung erfolgreich zu sein. Interview Career-Women.org.

Es gibt nicht viele berühmte Töchter der Hansestadt Rostock – abgesehen vielleicht von Anna Leopoldowna, der Mutter des „unglücklichen Zaren“ Ivan VI. Verglichen mit den Intrigen und Verfehlungen dieser Dame ist das Leben von Anke Hoffman, 39, geboren in Rostock, verheiratet und Mutter zweier Söhne, geradlinig und bodenständig verlaufen. Ihr war stets wichtig, Frau zu bleiben, das heißt mit Charme, mit Emotionalität aber auch mit Sachlichkeit Diskussionen und Projekte anzugehen.

Career-Women.org.: Frau Hoffmann, Sie studierten BWL an der Universität Rostock mit Schwerpunkt Marketing/Personal/Finanzen. Wussten Sie zu diesem Zeitpunkt bereits, welche berufliche Laufbahn Sie einschlagen werden?

Anke Hoffmann: Zunächst einmal hatte ich den Wunsch, an der DHfK in Leipzig Sportwissenschaften zu studieren. Mit der gesellschaftlichen Wende und dem Bewusstsein, dass die hochsubventionierte Sportförderung des Ostens nicht in dieser Weise erhalten bleiben wird, orientierte ich mich kurzfristig um und entschied mich für den generalistischen Ansatz der Betriebswirtschaftslehre.
Die Motivation des Studiums war klar. Es sollte das Fundament für eine gestaltbare und eigenständige berufliche Vita werden. Ich wollte die Dinge selbst in die Hand nehmen und mittel- bis langfristig das „Steuerrad“ führen.
Zunächst verband ich mit dem Schwerpunkt des Marketings und einem hervorragenden Professor Benkenstein, der als Ziehsohn des Herrn Prof. Meffert eine hohe Qualität ins Studium an der Universität Rostock brachte, den Wunsch, in diesem Segment und Funktionsbereich zu starten, idealerweise bei einem der großen FMCG-Anbieter, wie Procter, Unilever oder auch Baiersdorf. Jedoch verlief bereits der berufliche Einstieg anders, als ich es vorgesehen hatte.

Career-Women.org: Innerhalb kurzer Zeit nach Studienabschluss übernehmen Sie die Leitung einer Filiale der Dresdner Bank, hatten Sie Glück oder überzeugte Ihr Engagement?

Anke Hoffmann: Mein erstes berufliches Engagement führte mich zur Dresdner Bank, seinerzeit lag mir gleichermaßen das Angebot der Deutschen Bank vor, jedoch entschied ich mich für das Unternehmen Dresdner Bank, da hier bereits von Anbeginn ein sehr klarer und geradliniger Weg in die erste Führungsverantwortung aufgezeigt wurde.
Nach erfolgreichem Abschluss der Traineezeit und gelungenem Assessment Center übernahm ich die Leitung einer Filiale innerhalb der Dresdner Bank. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt über ein Engagement in Hamburg sowie in einem Projekt in Frankfurt „Dresdner Bank-Beraterbank“ für die nächste Aufgabe empfohlen. Insofern standen insbesondere die Leistung, aber auch ein guter Mentor als wichtigste Säulen dieser beruflichen Entwicklung im Mittelpunkt.
Glück? Eventuell kann man es als Glück bezeichnen, dass sich diese erste Filiale und Führungsaufgabe in meiner Heimat in Rostock befand, die ich seinerzeit konzeptionell geplant, eröffnet, etabliert und geführt habe.

Career-Women.org: Vor 10 Jahren wechselten Sie zu Kienbaum Executive Consulting und seit 5 Jahren sind Sie Partnerin und Geschäftsführerin der Berliner Zweigstelle. Welche Skills muss man mitbringen, um als Frau in der Personalberatung erfolgreich zu sein?

Anke Hoffmann: Im Jahre 2000 startete ich mit 29 Jahren als Senior-Beraterin im Hause Kienbaum, wobei es in der Anfangsphase insbesondere galt, die Kunden von meinem „Senior-Status“ zu überzeugen. Das gelang überdurchschnittlich erfolgreich und wurde 2006 durch die Aufnahme als Partnerin „gekrönt“. Im Anschluss offerierte mir Herr Kienbaum die Verantwortung als Geschäftsführerin für die Kienbaum Berlin GmbH.
Die Kienbaum Berlin GmbH includiert den Standort Berlin sowie die neuen Bundesländer und konzentriert sich im Wesentlichen auf das Executive Search Business.
Der Weg von der Beraterin über die Bereichsleiterin, zur Partnerin und Geschäftsführerin wurde möglich durch mein überproportionales Engagement, höchste Leistungsbereitschaft, Hartnäckigkeit, Durchsetzungsstärke und vor allem der Zuverlässigkeit und meinem Qualitätsanspruch unserer Leistung gegenüber den Kunden innerhalb der Projektabwicklung. Um dies mit Zahlen zu unterlegen, bedeutete das im Laufe dieser Jahre eine Arbeitswoche von 65 – 80 Stunden, eine Kilometerlaufleistung von ca. 80.000 – 90.000 km pro Jahr und ca. 150 Flüge per anum. Das alles reicht jedoch nicht. Ich habe das große Glück, mit einem Team von exzellenten Mitarbeitern zu arbeiten, die sich im hohen Maße für unseren gemeinsamen Erfolg einsetzen.
Für die Position der Geschäftsführerin war und ist es darüber hinaus bedeutend, sich nicht zu sehr davon beeinflussen zu lassen, was aus dem Umfeld über Sie als Frau und Geschäftsführerin gesprochen wird. Es gibt immer Personen, die Ihnen diese Position streitig machen, neiden bzw. sich abwenden. An dieser Stelle ist Durchhaltevermögen, Geradlinigkeit, Robustheit und Stabilität sowie insbesondere ein intaktes familiäres Umfeld wichtig.

Career-Women.org: Was oder wer hat Sie auf Ihrem Karriereweg am besten unterstützt?

Anke Hoffmann: Ein wertvolles Fundament in meiner beruflichen Entwicklung legte die Dresdner Bank und hier insbesondere 2 Personen, die ich als Mentor empfunden und geschätzt habe. Im Hause Kienbaum waren es ebenfalls 2 Personen, die mich auf meinem Weg begleiteten, wovon insbesondere Herr Jochen Kienbaum heute noch positiv Einfluss auf meine berufliche Entwicklung nimmt.
Ich bin von dem Instrument des Mentorings auch in der heutigen Zeit, als eine Säule der Personalentwicklung, sehr überzeugt, insbesondere im Hinblick auf die Förderung und Entwicklung des Potentials von Frauen.

Career-Women.org: Was empfehlen Sie jungen Frauen, die am Anfang ihrer Karriere stehen?

Anke Hoffmann: Ich habe mich schon einmal damit beschäftigt ein Buch zu schreiben, welches meine Diplomarbeit „Frauen im Management“, die ich bereits 1995 schrieb und durch den Förderpreis der Zeitschrift „Capital“ ausgezeichnet wurde, fortzusetzen und auf diese Weise Empfehlungen an junge Frauen – auch aus eigener Erfahrung weiterzugeben.
Aus meiner Sicht gibt es Barrieren für Frauen in ihrer beruflichen Entwicklung, die zum überwiegenden Teil durch sie selbst aufgebaut werden, auf der anderen Seite steinige Wege, die es auf dem Weg zu mehr Verantwortung zu beschreiten gilt. Für mich war es stets wichtig, Frau zu bleiben, mal eins mit Charme, mal eins mit Emotionalität und selbstverständlich auch mit Sachlichkeit Diskussionen, Projekte etc. anzugehen. Für mich war und ist der Leitfaden meines Agierens, auf Basis einer guten Vorbereitung meine Meinung zu bekunden, mich zu trauen und Fehler durchaus selbstkritisch, jedoch nicht bis hin zum Sich-selbst-hinterfragen zuzulassen. Natürlich gilt es insbesondere über die Mentoren, aber auch darüber hinaus, eigene Netzwerke aufzubauen, die sowohl der eigenen Leistung als auch Entwicklung unterstützend zur Verfügung stehen.
Ausdrücklich empfehle ich jeder Frau, Familie und Kinder zuzulassen, diese nicht für eine mögliche Karriere zu „opfern“. Kinder reichern sowohl Frauen als auch Männer in unbeschreiblicher Weise an, es formen sich weitere Persönlichkeitsmerkmale aus, die schlussendlich sowohl den berufstätigen Männern als auch Frauen zuträglich sind, sie reifer in ihrer Persönlichkeit machen. Hier wäre jedoch mein Rat, die berufliche Entwicklung nur durch eine kurzfristige Auszeit zu unterbrechen und durch gute Organisation und gleichberechtigtes Agieren innerhalb der Familie den unmittelbaren bzw. zeitnahen Wiedereinstieg anzustreben.