Erfolgreicher beruflicher Wiedereinstieg

Nach einer Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau machte Beate Röll (43) weitere Abschlüsse als „Betriebswirtin (BA)“ und „Diplom-Kauffrau (FH)“. Vor ihrer beruflichen Auszeit war sie zehn Jahre in der Unternehmenskommunikation tätig, zunächst bei der TUI AG in Hannover und im Anschluss als Senior-Beraterin für Change Communications bei einer Frankfurter PR-Agentur.

Frau Röll, was für eine Qualifikation haben Sie und wie ist es zur Auszeit gekommen?

Die Entscheidung, eine Auszeit zu nehmen, habe ich getroffen, als das erste Kind unterwegs war. Das hatte ich immer schon so vor – für meine Kinder da zu sein, ist mir ein Herzensanliegen. Zwei Jahre nach der Geburt meines Sohnes, der heute acht Jahre alt ist, brachte ich noch eine Tochter zur Welt. Meine Erziehungsauszeit von zunächst drei Jahren ging damit in eine „Verlängerung“.

Das bedeutet, dass Sie den Kontakt zur Berufswelt vor acht Jahren vollständig verloren haben?

Nein, nicht ganz. Mitunter habe ich als Freelancerin an Projekten gearbeitet, um beruflich am Ball zu bleiben. Dazu gehörte etwa ein Kommunikationskonzept für einen Automobilzulieferer. Noch größer war jedoch mein ehrenamtliches Engagement für den Kindergarten meiner Kinder, wo ich einen Newsletter ins Leben rief und betreute – und später als Vorstandsmitglied des Trägervereins der Montessori-Schule, die mein Sohn und mein Tochter im Anschluss besuchten.

Welche Erfahrungen haben Sie beim Wiedereinstieg gesammelt?

Als meine Tochter 2014 in den Kindergarten kam, begann ich, mich zu bewerben. Ich machte mich zunächst allein auf die Suche und recherchierte passende Stellen. Schon bald gelangte ich jedoch zu der ernüchternden Erkenntnis: Keiner hat auf mich gewartet! Schon gar nicht gab es für mich jene Teilzeitstellen, auf die ich gehofft hatte. Die Einladungen zu Vorstellungsgesprächen blieben aus – selbst als ich den inhaltlichen und räumlichen Radius meiner Stellesuche ausdehnte. Ende 2016 kam es zur Trennung von meinen Mann, was mir die Notwendigkeit vor Augen führte, zukünftig wieder für sich selbst aufkommen zu müssen und den beruflichen Wiedereinstieg zu forcieren.

Wie ging es dann weiter – gab es Unterstützung?

Ja, zum Glück gab es die! Ende 2016 erfuhr ich von dem Wiedereinstiegsprogramm „Frauen starten durch“, das im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit vom Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW) umgesetzt wird. Das Programm wurde von Sabine Gräßler-Zorn, der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Arbeitsagentur Hannover ins Leben gerufen und

richtet sich an Frauen mit Studium oder Erfahrung in einer Führungsposition. Dort habe ich an einem Testtag teilgenommen, um einen tieferen Einblick zu erhalten. Die Vorstellung, nicht mehr isoliert zu sein, hat mir gefallen – und so war ich hier sofort dabei. Die ‚Peer Group‘ von Frauen in ähnlicher Situation hat enorm viel bewirkt.

Wie genau sah die Unterstützung aus – wie ist das Programm angelegt?

Zentrales Anliegen war, dass wir Frauen uns unsere Stärken und früheren Erfolge ins Bewusstsein riefen. Dabei ging es um ein positives Selbstbild, das durch eine Auszeit zwangsläufig ein Stück weit verlorengeht. Inhaltlich ging es darum, eine Vorstellung vom eigenen Leistungsprofil, den Stärken und Entwicklungsfeldern, zu bekommen. Die Standortbestimmung und Potenzialanalyse sind hilfreich, um sich über die beruflichen Perspektiven klar zu werden.

Formal besteht das Programm aus Einzel- und Gruppencoachings mit betrieblichen Praxisphasen und Qualifizierungen. Der Austausch mit erfolgreichen Frauen, denen der berufliche Wiedereinstieg gelungen ist, diente uns zusätzlich als Ansporn und Ermutigung. Regionale Netzwerktreffen mit Unternehmen und Verbänden wiederum hatten zum Ziel, uns Frauen mit geeigneten potenziellen Arbeitgebern in Kontakt zu bringen.

Mir selbst haben insbesondere die Einzelcoachings in Rhetorik und Kommunikation sowie Auftreten und Körpersprache geholfen. Denn mit steigenden Fähigkeiten zur Selbstpräsentation ist mein Selbstvertrauen gewachsen. Fit gemacht haben mich nicht zuletzt auch die Übungen zu zeitgemäßen und überzeugenden Bewerbungsunterlagen.

Haben Ihre Bewerbungen schließlich zum Erfolg geführt?

Allerdings, und ich würde sogar sagen, dass ich meinen Traumjob gefunden habe! Seit dem 15. Juli 2017 bin ich „Managerin Technology Communications“ bei der Continental Reifen Deutschland GmbH – die Probezeit ist also auch schon erfolgreich „überstanden“. Das Beste dabei: Es handelt sich um eine 60-Prozent-Stelle, die perfekt in meine Lebensplanung passt. Entsprechend dem sich verringernden Kinderbetreuungsaufwand ist die Teilzeitstelle schrittweise ausbaubar bis hin zur Vollzeitstelle. Besonders kommen mir aktuell die flexiblen Arbeitszeiten entgegen und die „Vertrauensarbeit“, die sie von zu Hause leisten kann. Ich denke, Unterstützung ist entscheidend für den Erfolg. Das zeigt sich auch bei den anderen Teilnehmerinnen von „Frauen starten durch“, von denen ich weiß, dass fast alle wieder in adäquater Stellung sind.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Beruflich ist alles im Lot, deshalb richten sich meine Pläne mehr auf das Private. Zurzeit richte ich noch das Fachwerk-Reihenhaus auf einer Hofstelle bei Bissendorf in der Nähe von Hannover ein, das ich mit meinen Kindern im November 2017 neu bezogen habe. Danach möchte ich, einstiges Mitglied eines Kammerorchesters, mich wieder verstärkt der Musik widmen. Musik ist gut für die Seele – und für den Geist. Mit meiner Begeisterung habe ich auch schon die Kinder angesteckt. Meine Tochter spielt ebenfalls Geige, mein Sohn Gitarre.

Herzlichen Dank, Frau Röll, für das Gespräch!