Nicole Reindl erhält den Promotionspreis 2016

Die Astronomische Gesellschaft (AG) verleiht den Promotionspreis 2016 an Dr. Nicole Reindl von der Abteilung Physik und Astronomie der Universität Leicester (GB). Die AG zeichnet sie für ihre hervorragende Dissertation mit dem Titel „Spectroscopic Analysis of hot (Pre-) White Dwarfs“ aus, die sie am Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen verfasst hat.

White Dwarfs – also Weiße Zwerge – zählen zu den bemerkenswertesten Objekten, die wir im Kosmos kennen. Auf ihrer Oberfläche hat ein Fingerhut voll Materie in etwa das Gewicht einer Eisenbahnlok, weil ein weißer Zwerg etwa die Masse unserer Sonne besitzt, diese Masse sich jedoch in einem sehr viel kleineren Volumen – vergleichbar dem der Erde -konzentriert. Dieser extreme Zustand markiert das Ende der Entwicklung eines massearmen Sterns. Auch unsere Sonne wird dieses Schicksal in einigen Milliarden Jahren ereilen. Solange ein Stern mittels der Kernfusion seinen Wasserstoff in Helium umwandelt, ist sein Zustand stabil. Der nach außen gerichtete Druck und die Eigengravitation der Sternmaterie nach innen halten sich die Waage – die Sonne dehnt sich weder aus, noch fällt sie in sich zusammen. Doch am Ende eines Sternlebens kommt es zu instabilen Phasen und letztlich siegt die Gravitation – es bildet sich ein kompaktes Objekt. Bei Sternen geringer Masse sind dies weiße Zwerge, bei höheren Massen endet der Prozess in einem noch dichteren Neutronenstern oder gar in einem Schwarzen Loch.

Frau Dr. Reindl untersuchte in Ihrer Promotion die besonders wichtige Spätphase dieser Sternentwicklung kurz vor der Bildung der weißen Zwerge. Dazu führte sie intensive Spektralanalysen durch, um die Eigenschaften vieler solcher Sterne zu messen und diese mit theoretischen Entwicklungsmodellen der Sternentwicklung zu vergleichen. Dabei widmete sie sich auch exotischen Objekten wie etwa dem Zentralstern eines planetarischen Nebels (des „Stingray-Nebels“), der in wenigen Jahren drastisch seine Eigenschaften verändert hat und für dessen Beobachtung sie sogar Zeit am Hubble-Weltraumteleskop einwarb. Ein anderes Beispiel sind die sogenannten O(He)-Sterne. Diese besitzen anstatt der in diesem Entwicklungszustand üblichen Wasserstoff-Dominanz eine Helium-dominierte Atmosphäre. Dr. Reindl konnte mit ihren Untersuchungen verschiedene frühere Hypothesen zur Herkunft und Natur dieser Sterne ausschließen und kommt zu dem Schluss, dass solche Objekte wahrscheinlich das Ergebnis der Verschmelzung zweier weißer Zwerge sind.

„Die Arbeit von Frau Reindl liefert wichtige Indizien dafür, dass enge Doppelsternsysteme eine weit wichtigere Rolle bei der Sternentwicklung spielen, als bisher angenommen. Auch deshalb ist ihre Dissertation ein ganz besonders wichtiger Beitrag in diesem Forschungsgebiet“, so der Präsident der Astronomischen Gesellschaft, Prof. Dr. Matthias Steinmetz.

Dr. Nicole Reindl studierte an der Universität Siegen für ihren Bachelor of Science. Anschließend wechselte sie an die Eberhard-Karls-Universität Tübingen, wo sie zunächst ihren Master of Science abschloss und anschließend ihre Dissertation anfertigte. Danach wechselte sie im Februar 2016 an das Department of Physics & Astronomy der Universität Leicester. Die Astronomische Gesellschaft verleiht den Promotionspreis an Frau Reindl am Dienstag, dem 13. September 2016 im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung der Herbsttagung der AG in Bochum (12. bis 16. September, siehe http://ag2016.de).