Frischer Wind im Rektorat

Planung, Finanzen und Gender? Das macht doch keinen Sinn! Aber für Prof. Dr. Anja Steinbeck – eine attraktive, schlanke Frau in lässigem Outfit – macht die Kombination durchaus Sinn. Schließlich sitze sie damit direkt an der Quelle, um die Gleichstellungsstrategie der Kölner Alma Mater richtig einzutüten, erklärt sie im Interview mit Career-Women.org.

Prof. Dr. Anja Steinbeck ist seit sieben Jahren Direktorin des Instituts für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht und seit Anfang des Jahres Prorektorin für Planung, Finanzen und Gender an der Uni Köln. Die Juristin, 44, geboren in Bitburg, habilitierte in Mainz am Lehrstuhl von Prof. Dr. Walther Haddig. Steinbeck ist verheiratet mit Dr. Thomas Menke, Anwalt in einer überregionalen Wirtschaftskanzlei. Ihre beiden Kinder wurden kurz vor und kurz nach der Habilitation geboren. Ihrem damaligen Chef – ein sehr guter, wie sie sagt – war es egal, wann und wo sie arbeitet. Hauptsache, die Aufgaben wurden erledigt. Und so saß sie oft am Wochenende und abends, wenn Sohn zu Bett gebracht war, am Schreibtisch. Es war anstrengend, aber es hat funktioniert, resümiert die Prorektorin.

Career-Women.org: Frau Steinbeck, uns interessiert natürlich, wie Sie das Gender-Thema anpacken wollen?

Anja Steinbeck: Nun, ich bin erst einmal auf die Uni-Website gegangen und musste feststellen, dass es sehr mühsam ist, einen Überblick der existierenden Gender-Aktivitäten zu bekommen. Man sollte doch meinen, dass es eine Seite gibt, die einem Neuankömmling das gesamte Angebot transparent macht. Deswegen ist mein erster Schritt, ein Referat für Gender-Management als zentrale Anlaufstelle einzurichten. Das Referat soll nicht operativ tätig werden, aber es soll die Schaltzentrale des ganzen sein. Die Position ist inzwischen ausgeschrieben und erfreulicherweise sind viele und gute Bewerbungen eingegangen. Ich hoffe, dass ich die Institution noch in Richtung Diversity ausbauen kann. Aber man muss ja erst einmal den Aufschlag machen und mit etwas anfangen. 

 Career-Women.org:  Welche Aufgaben hat das Referat ?

Anja Steinbeck: Die erste Aufgabe wird sein, den Status quo zu sichten, aufzubereiten und nach außen sichtbar machen. Dabei ist wichtig, die gesamte Hochschullandschaft mit einzubeziehen. 

Career-Women.org:  ….nach außen sichtbar, was heißt das?

Anja Steinbeck:  Das heißt ganz einfach erst einmal eine Homepage aufbauen, auf der zu allem verlinkt wird, was es gibt. Außerdem soll der Bereich Gleichstellung für alle Angehörigen der Universität und für Außenstehende sichtbar sein. Des weiteren soll das Referat dabei helfen, die Verausgabung von Drittmitteln für Gleichstellungsmaßnahmen besser zu koordinieren.

 Career-Women.org:  Zunehmend mehr Hochschulen haben heute Gleichstellungsstrategien und entsprechende Erfahrungen.

Anja Steinbeck:  Ja, die RWTH Aachen hat ein Konzept, das mir sehr gut gefällt. Mein Referat soll natürlich auch im Rahmen der Weiterentwicklung die Hochschullandschaft beobachten und gucken was andere Unis machen. Ich bin sicher, dass die Stelle ein wichtiger Impulsgeber werden wird. 

 Career-Women.org:   Und wie definieren Sie Ihr Ziel?

Gleichstellung gemäß Artikel 3 Grundgesetz

Anja Steinbeck: Erfüllung des Gleichstellungsauftrags gemäß Artikel 3 des Grundgesetzes. Das gilt es mit Augenmaß zu erfüllen.

 Career-Women.org:  Männer fühlen sich benachteiligt, weil beim Thema Gleichstellung ausschließlich Frauen gefördert werden. Die Forderung nach Rahmenbedingungen wie flexible Arbeitszeiten, Kinderbetreuungsmöglichkeiten, etc. sei eine einseitige Bevorzugung des anderen Geschlechts. Die Auswirkungen würden auf ihrem Rücken ausgetragen. Was sagen Sie zu diesen Argumenten?

Anja Steinbeck:  An dieser Aussage ist alles unrichtig, was nur unrichtig sein kann. Wenn Kindergartenplätze eingerichtet werden, ist damit nicht das Problem der Frauen in der Arbeitswelt gelöst sondern ein Problem, das die Gesellschaft als ganzes betrifft. Dass mit Kitas etwas für Frauen getan wird, ist ein Aspekt, der Frauen momentan noch zugute kommt, weil sie immer noch diejenigen sind, die die Kinder erziehen. Aber Kindererziehung geht Frauen und Männer gleichermaßen an und kommt beiden zugute.

 Career-Women.org: Ist aus Ihrer Sicht eine Frauenquote in der Hochschule praktikabel bzw. sinnvoll?

Flexible Frauenquote ist sinnvoll

Anja Steinbeck:  Ja natürlich. Aber ich plädiere nicht für starre Quoten sondern für flexible. Wenn wir beispielsweise im Bereich der Rechtswissenschaften einen weiblichen Habilitandenanteil von 30 Prozent haben und bei den Professorenstellen sind es nur noch fünf  Prozent, dann lässt sich das nur mit einer Frauenquote verändern. Realistischerweise würde ich zwar nie vorschlagen, dass in den nächsten vier Jahren der Anteil der Jura-Professorinnen auf 50 steigt. Das wäre irrsinnig. Aber sinnvoll wäre es, wenn man die 30 Prozent als Benchmark nimmt.

 Career-Women.org:  Gibt es an der Uni Personalentwicklungs-Maßnahmen zur Förderung von Frauen?

Anja Steinbeck: Ja, von der zentralen Gleichstellungsbeauftragten werden Maßnahmen angeboten und zwar gezielt für Doktorandinnen, Habilitandinnen bzw. für den weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs. Das sind u.a. Seminare oder Mentoring-Programme.

Career-Women.org:  Wer nimmt das Angebot in Anspruch? Bei Ihnen könnte ich mir vorstellen, dass Sie das nicht nötig hatten?

 Anja Steinbeck:  Ich würde sagen, dass ich in den letzten 10 Jahren noch vieles dazu gelernt habe. Zugegeben, ich habe auch viel Glück gehabt. Wenn sie mich mit 25 gefragt hätten, ob wir eine Quote brauchen, hätte ich das vehement verneint. Jetzt bin ich Befürworterin, obwohl ich es ohne Quote geschafft habe. Ich sehe die Quote so lange als Türöffner, so lange es immer noch mittelmäßige Männer gibt, die top Frauen rechts überholen. Ich glaube auch, dass ein Rektorat der Uni Köln ohne Frau nicht glaubwürdig gewesen wäre und man hat sicherlich auch deswegen nach einer geeigneten Frau gesucht. Insofern finde ich, dass allein die Sensibilisierung schon positiv ist.

  Career-Women.org:   Eine Dekanin beklagte sich bei mir, dass sie von ihren Fakultätskollegen teilweise nicht ernst genommen wird. Haben Sie diese Erfahrungen auch gemacht?

Anja Steinbeck:  Ja, sicherlich. Aber es ist in den letzten Jahren besser geworden. Inzwischen nimmt man mich ernst. Am Anfang war ich sehr jung und wusste manchmal nicht, ob die aus meiner Sicht fehlende Akzeptanz daran lag, dass ich Frau bin oder weil ich die Jüngste im Kollegium war. Allerdings neigen Frauen dazu, sich viel mehr in Frage zu stellen als Männer. Die Schauspielerin Maria Furtwängler sagte neulich in einem Interview: Ich beneide Männer um ihre Fähigkeit, sich unschlagbar zu finden. Das trifft die Sache gut. Deswegen ist auch Mentoring und Frauenförderung immer noch so wichtig.

 Career-Women.org: Wird das Thema Gender von den entscheidenden Hochschulvertretern ernst genommen?

Anja Steinbeck: Unser Rektor, Prof. Dr. Axel Freimuth, und das Rektorat nehmen das Thema sehr ernst. Das machen sie nicht, weil es politisch opportun ist oder weil in einem Exzellenzantrag das Thema nicht mehr fehlen darf, sondern weil es ihrer Überzeugung entspricht.