Theoretische Chemie entscheidend geprägt

Die Fakultät für Naturwissenschaften der Universität Ulm hat am Freitag der emeritierten Professorin Sigrid Peyerimhoff (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) die Ehrendoktorwürde verliehen.

Dekan Axel Groß begründete die Auszeichnung beim Festakt zum 44. Jahrestag der Uni mit den außerordentlichen Verdiensten der Wissenschaftlerin um die Theoretische Chemie („sie hat das Fach in Deutschland und weltweit entscheidend geprägt“), aber auch um die erfolgreiche strategische Weiterentwicklung der Universität Ulm durch ihre engagierte Mitarbeit im Universitätsrat von 2000 bis 2006. „Eine überaus wertvolle Mitarbeit, vor allem der akademischen Komponente von außerhalb wegen“, wie Unipräsident Professor Ebeling („Wir vermissen Sie“) ergänzte.

Zuvor hatte Professor Wolfgang Witschel, von 1975 bis zu seiner Emeritierung 2003 Lehrstuhlinhaber für die Theoretische Chemie in Ulm und in dieser Zeit mehrere Jahre auch Prorektor, in seiner Laudatio das bemerkenswerte Lebenswerk der Ehrendoktorin gewürdigt, auch auf ihren Wechsel von der Physik zur Theoretischen Chemie hingewiesen. Die habe seinerzeit in Deutschland ein Schattendasein geführt, in den USA dagegen geblüht. Drei Jahre dort, an den renommierten Universitäten von Princeton, Seattle und vor allem Chicago, haben Witschel zufolge die in Rottweil geborene Wissenschaftlerin entscheidend beeinflusst. „Ihre eigentliche überragende Tätigkeit begann dann ab 1972 als Lehrstuhlinhaberin in Bonn“, so der Laudator, erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die außerordentliche Produktivität Peyerimhoffs mit rund 500 Publikationen. Über das Ozon insbesondere, „die wichtigste Verbindung in der oberen Atmosphäre“.
Aus Witschels Sicht neben ihrer bekanntermaßen guten Lehre besonders wichtig: „Sie hat die Theoretische Chemie in vielen Gremien und Verbänden bekannt gemacht und etabliert, auch in Zusammenarbeit mit der Industrie.“ Natürlich habe ihre Arbeit vielfache Anerkennung erfahren. Mit der Wahl zur Vizepräsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft etwa, aber auch hochkarätigen nationalen wie internationalen Auszeichnungen: Dem Leibniz-Preis zum Beispiel oder der Goldmedaille der Leopoldina („der ältesten und angesehensten deutschen Akademie“) für das Lebenswerk ihrer Forschung, nicht zuletzt mit dem Großen Bundesverdienstkreuz für ihre Arbeit in der Wissenschaftspolitik.
Kein Geheimnis schließlich ihr Bezug zur Uni Ulm, schon lange vor ihrer Berufung in deren Universitätsrat. Bruder Alexander, elf Jahre älter als seine Schwester und 1996 verstorben, wirkte hier ab 1969 als Mathematik-Professor der ersten Stunde, später auch als Prorektor und Vorsitzender des Großen Senats. Er hatte ihr eigenen Worten zufolge durch seine Fürsprache bei den Eltern („sonst wird sie unglücklich“) erst das Studium ermöglicht. Wobei sich ihre präventive Überlegung („wenn Mädchen ihren Doktor nicht kriegen, müssen sie ihn selbst machen“) später als unzutreffend erwiesen hat: „Ihr Doktor“ und Ehemann begleitete sie auch nach Ulm.

„Meine Arbeit hier im Universitätsrat habe ich in sehr guter Erinnerung“, machte die frisch ernannte Ehrendoktorin deutlich. Ein Grund: „Auch kritische Bemerkungen von mir sind stets konstruktiv aufgenommen worden und das ist keinesfalls selbstverständlich.“ Und im Übrigen habe sie bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit auch Glück gehabt. „Ich war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort, konnte insbesondere in aktuelle Entwicklungen einsteigen.“ Vieles verdanke sie überdies einer Reihe von Weggefährten, vielen tüchtigen Mitarbeitern. „Ohne sie wären die Erfolge nicht möglich gewesen.“

Bundesministerin Annette Schavan würdigte in ihrem Grußwort vor allem das ehrenamtliche Engagement von Professorin Peyerimhoff unter anderem im Cusanus-Werk. „Aber auch als Vizepräsidentin der DFG hat sie wichtige Impulse zur Begabtenförderung gesetzt und ihre Verbundenheit zum akademischen Nachwuchs unterstrichen“, sagte Schavan.