WAZ: Koalition hat noch keine sichere Mehrheit

Die Koalition hat noch keine sichere Mehrheit für das Betreuungsgeld. CDU-Frau Rita Pawelski will das Gesetz im Bundestag ablehnen, wenn es keine Änderungen mehr gibt: „Für mich ist die Zustimmung zurzeit nicht möglich“, sagte die Sprecherin der „Gruppe der Frauen“ in der Unionsfraktion am Dienstag gegenüber den Zeitungen der WAZ-Gruppe (Mittwochsausgabe).

 Auch andere CDU-Abgeordnete hatten in den letzten Wochen ihre Zustimmung infrage gestellt. Bargeld für alle Eltern, die ihre Kinder nicht in die öffentlich geförderte U-3-Betreuung geben – das ist der Kern des Gesetzes. „Seehofer pur“ nennt Pawelski den Entwurf, der am nächsten Mittwoch ins Kabinett kommt. Im Gesetzentwurf der Familienministerin, der dieser Zeitung vorliegt, finden sich die Kritiker des Betreuungsgeldes nicht wieder. Gestrichen ist die Pflicht, Kinder zu Vorsorgeuntersuchungen zu schicken, um auf diese Weise problematische Familien unter Kontrolle zu stellen.

Gestrichen ist auch die Möglichkeit für Eltern, wenigstens ein paar Stunden pro Tag eine Kita nutzen zu dürfen, wie es nach dem Thüringer Modell erlaubt wäre. „Aber ich bin in einer christlichen Partei, ich glaube noch an Wunder“, sagt Pawelski. Noch wäre Zeit. In Schröders Entwurf gibt es immerhin eine Härtefallregelung: Dort, wo Eltern schwer krank, behindert oder verstorben sind, dürfen die Kinder bis zu zehn Wochenstunden in die Kita gehen, ohne dass der Geldanspruch erlischt. Wenn diese Teilzeit-Regel für alle Eltern gelte und ein paar mehr Stunden umfasse , „dann wäre das die Brücke, über die ich gehen kann“, so Pawelski gegenüber dieser Zeitung.

CSU-Chef Horst Seehofer hat jedoch bereits deutlich gemacht: „Da wird null verändert. Und null heißt null Komma null.“ Mitte Juni wird sich die Gruppe der Frauen in der Unionsfraktion treffen und sich für die Bundestagsabstimmung festlegen. Bislang lehnt die Mehrheit eine Barauszahlung des Betreuungsgeldes ab. Und sie sind nicht allein: Vor einigen Wochen hatten 23 Unionsabgeordnete angekündigt, gegen das Betreuungsgeld zu stimmen.

Auch in der FDP werden die Abweichler laut. Das Betreuungsgeld soll laut Schröders Gesetzentwurf auf Hartz IV angerechnet werden. Das sei „wirtschaftlich vertretbar“. Wer dagegen einen Job hat, darf anders als beim Elterngeld auch Vollzeit arbeiten und dennoch Betreuungsgeld kassieren. Solange Eltern „ihr Kind selbst betreuen und erziehen“. Wie das gehen soll? Kritiker sorgen sich, dass statt Kita oder Tagesmutter nicht nur Verwandte und Au-Pairs die Betreuung übernehmen, sondern der Schwarzmarkt mit günstigen Kindermädchen und Haushaltshilfen boomen dürfte.