50plus: Warum man für einen Karriere-Neustart nie zu alt ist

Der Begriff der Midlife-Krise ist uns allen vertraut. Warum spricht eigentlich niemand von der Midlife-Chance? Der Begriff ist aus meiner Sicht viel zutreffender für die Lebensmitte: Die Kinder stehen endlich auf eigenen Beinen, das Haus oder die Wohnung sind abbezahlt – und im Job läuft es rund, will aber seit einiger Zeit nicht mehr richtig aufwärts gehen.

Genau jetzt bietet sich uns die Möglichkeit, unser Berufsleben in neue Bahnen zu lenken und zu überlegen: Wo will ich eigentlich in? Schließlich stehen noch zehn oder 15 Jahre Berufstätigkeit vor uns. Warum also nicht auf eine Beförderung hinarbeiten oder eine Weiterbildung machen?

Und wenn am Arbeitsplatz weder Aufstieg noch Möglichkeit zur Weiterbildung  locken – warum nicht die Herausforderung woanders suchen? Vielleicht endlich die ungelebten Träume verwirklichen? Wie sagte schon Friedrich Nietzsche: „Oh Lebens Mittag! Zweite Jugendzeit!“ Wer seit Jahren von einer Selbständigkeit oder einem kreativeren Job träumt, sollte jetzt seine Chancen ausloten.

Aus der Forschung weiß man, dass Frauen von Kindheit an ein breit gefächertes Interessensspektrum entwickeln, während Männer meist einen Schwerpunkt setzen, dem sie sich mit viel Hingabe widmen. Gerade Frauen sind daher in den Jahren 50plus geneigt, noch einmal andere Facetten ihrer Persönlichkeit auszuleben, die sie ihrem Beruf bislang nicht einsetzen konnten. Viele wünschen sich, in ihren künftigen Berufsjahren eine sinnvollere Tätigkeit auszuüben.

Das zeigte sich auch in einer Studie des „European Women’s Management Development International Network“ (EWMD) über „Managerinnen 50plus“.

Darin wurde untersucht, warum Frauen in hohen Leitungsfunktionen mit über 50 häufig das Unternehmen verlassen, um sich neu zu orientieren. Das schmerzliche Ergebnis: Die Frauen stellen in der Lebensmitte fest, welche Opfer sie über die Jahre für ihre Karriere gebracht haben. Und dass die Opfer in keinem Verhältnis zum Erreichten stehen. Eigentlich haben sie alles „richtig“ gemacht, aber sind dennoch nicht ans Ziel gekommen. Viele stießen irgendwann an die berühmte gläserne Decke, anstelle von Förderung haben sie Begrenzung erfahren und jetzt die Faxen dicke. Mehr als ein Drittel der befragten Frauen plant daher einen Ausstieg in die Selbständigkeit oder in eine Non-Profit-Organisation.

Die gute Nachricht ist: Mit ihrer Lebens- und Berufserfahrung verfügen die Best Ager über ausgezeichnete Voraussetzungen für einen Neustart. Sie haben sich in all den Jahren im Job bestimmt ein gutes Netzwerk und wertvolle Kontakte aufgebaut. Meiner Erfahrung nach sind Ältere zudem oft reflektierter und strukturierter als Jüngere und haben ihre Fehler schon gemacht und daraus gelernt. Wo konnten sie Planungs- und Führungserfahrung sammeln – wenn nicht im Job, dann durch die Familienarbeit zu Hause. Nicht ohne Grund sind die meisten Gründer und Gründerinnen in den USA älter als 55 Jahre.

Trotzdem gehört es natürlich dazu, auch die Risiken eines Neustarts abzuwägen. Wer zum Beispiel an eine Selbständigkeit denkt, sollte über genügend finanzielle Rücklagen verfügen. Das ist wichtig, um das Projekt ohne große Sorgen und voller Elan angehen zu können.

Mit über 50 ist es nicht leicht, einen Kredit von der Bank zu bekommen. Und welche Art des Neustarts auch verfolgt wird – immer gilt es zu bedenken: Die Zeitspanne, um etwas zu erreichen und erfolgreich zu werden, ist deutlich kürzer als noch mit 30 oder 40 Jahren.

Wer innerhalb des Unternehmens noch einmal einen Anlauf nehmen möchte, sollte sich auf keinen Fall beirren lassen. Vielleicht gibt es noch etwas, was man endlich einmal verändern möchte? Neue Aufgaben, die einen reizen würden? Es gibt keinen Grund, sich das mit über 50 nicht mehr zuzutrauen. Früher gehörte man dann schon zum alten Eisen, aber das hat sich geändert. Unternehmen wissen die Erfahrung und Kompetenz ihrer älteren Mitarbeitenden meist mehr zu schätzen, als allgemein behauptet wird. Erst recht in unseren Zeiten des demographischen Wandels wollen die Firmen ihre verdienten Mitarbeitenden gerne halten. Und sie setzen auf gemischte Teams, damit die Jungen von den Älteren profitieren und umgekehrt. Eine gute Ausgangsbasis, um für neue Ideen ein offenes Ohr zu finden.

Die 6 besten Tipps für den Neustart 50plus:

– Wer sich neu orientieren will, braucht zunächst ein klares Ziel. Wenn Sie nur wissen, dass Sie etwas ändern wollen, aber nicht genau was: Schreiben Sie Ihre Wünsche und Ideen auf, ganz ohne Zensur, ob machbar oder nicht. Sie werden schnell feststellen, wohin die Reise gehen soll: ob Sie eine andere Ausbildung machen möchten oder ob es Sie mehr reizt, sich für einen guten Zweck einzusetzen.

– Sie möchten Ihre Träume vermutlich lieber heute als morgen umsetzen. Machen Sie vorher aber unbedingt den Realitätscheck, gerade wenn es um einschneidende Veränderungen geht: Bringen Sie wirklich die nötigen

Voraussetzungen mit, um Ihr Ziel zu erreichen? Haben Sie zum Beispiel die Selbstsicherheit, Risikobereitschaft und das Fachwissen, um als Unternehmerin Erfolg zu haben? Haben Sie wirklich genügend Rücklagen, um nur noch ehrenamtlich zu arbeiten?

– Generell ist es ratsam, nicht überstürzt alles hinzuwerfen, sondern mit Bedacht vorzugehen. Wenn Sie zum Beispiel den Wunsch verspüren, sich vermehrt der Malerei zu widmen, statt Akten zu wälzen, könnten Sie Ihre Arbeitszeit erst mal verkürzen und ihre kreative Tätigkeit nach und nach immer mehr ausbauen. So bleibt das Risiko überschaubar.

– Wollen Sie sich mit 50plus bei einem anderen Unternehmen bewerben? Dann ist es wichtig, nicht als Bittsteller aufzutreten. Sehen Sie Ihr Alter nicht als Problem an, reden Sie es aber auch nicht schön. Stapeln Sie nicht tief, sondern bewerben Sie sich auf Positionen, die der bisherigen in etwa entsprechen. 

– Es mag Personaler und Personalerinnen geben, die ältere Bewerber/innen noch immer für weniger flexibel oder kreativ halten – diese Vorbehalte gilt es zu entkräften, indem Sie Ihr Profil selbstbewusst darstellen. Denn Sie haben eine Menge Fachwissen und Erfahrung und können damit Pluspunkte sammeln. Listen Sie gezielt all Ihre Kenntnisse und Leistungen auf, die für die konkrete Position bedeutsam sein können – selbst, wenn Ihnen einige davon selbstverständlich vorkommen.

– Holen Sie sich Rat von Ihrer Familie, Ihren Freunden und KollegInnen: Wie schätzen die Ihre Pläne ein? Wo sehen die Ihre Stärken und Schwächen? Auch ein professionelles Coaching macht Sinn, wenn der späte Neustart gelingen soll. Zögern Sie nicht – packen Sie’s an!

Sigrid Meuselbach Team bringt Frauen in Führung – und hilft Männern, gut damit zu leben. Als die Trainerin, Pädagogin und Wirtschaftsmediatorin vor fast 30 Jahren „Frauenseminare“ und „Gender-Trainings – Brücken bauen zwischen männlicher und weiblicher Kommunikation“ in internationalen Konzernen einführte, war das eine Sensation. Inzwischen ist Sigrid Meuselbach auch als Coachin, Autorin und Speakerin gefragt. Bis heute brennt sie dafür, Frauen in Unternehmen und Wissenschaft beim Entdecken ihrer Möglichkeiten zu unterstützen – kenntnisreich und psychologisch fundiert, mit Herzblut und Humor. Dafür gründete sie 1992 das Unternehmen „Sigrid Meuselbach Team“. 

Im Frühjahr 2015 erscheint ihr Buch bei Ariston mit dem Titel „Die Dornröschen-Falle – lieber handeln als den eigenen Erfolg verschlafen“.

Die Autorin lebt mit ihrem Mann bei Köln und hat eine Tochter.

Sie wollen mehr wissen? Emailen oder rufen Sie (0177-8387313) Sigrid Meuselbach an, wenn Sie mehr wissen wollen zum Thema „Karriere-Wege von Frauen – Erfolgsfaktoren und Stolpersteine“ (www.meuselbach-seminare.de)