Frisch, entspannt und sachlich

Katharina Hamma, Dipl.-Ing, ist gerade 100 Tage als Chief Operating Officer (COO) im Dienst der Koelnmesse. Der Kölsche Klüngel hat sie bisher verschont. Karnevalssitzungen erlebt sie erstmals live. Ihr frischer, entspannter und sachlicher Auftritt ist eine Bereicherung im „Dreigestirn“ der Top-Etage.

Katharina Hamma, 45, ist seit 1997 im Messegeschäft tätig. Die Diplom-Ingenieurin für Betriebswirtschaft und Bekleidungstechnik arbeitet zunächst in diversen Unternehmen der Textilindustrie. Ihr Studium finanziert die gebürtige Berlinerin, aufgewachsen in Düsseldorf, u.a. mit Jobs als Model und Hostess bei der Düsseldorfer Messe. In der Bekleidungsindustrie lernt sie das Messegeschäft sowohl als Aussteller als auch von Besucherseite kennen. Das Flair der Messe fasziniert sie. Als eine private Neuorientierung ansteht, entscheidet sie, noch einmal von ganz vorne zu beginnen. Sie bewirbt sich als Hostess bei der Münchener Messe.

Die Messe München plant gerade den Umzug nach München Riem, als sich die Ingenieurin bewirbt. Sie steckt deswegen in ihre Initiativbewerbung auch eine Konzeption für das neue Messegelände. Das überzeugt. Sie bekommt den Job zum Aufbau der Serviceabteilung  und verlässt das Unternehmen nach 14 Jahren als Prokuristin. In der Bekleidungsindustrie habe sie alle zwei Jahre die Stelle gewechselt, erzählt Katharina Hamma. Die Messearbeit in München sei hingegen so spannend und abwechslungsreich gewesen, dass eine Veränderung für sie nicht anstand. Bis das Angebot aus Köln kam.

Die Koelnmesse ist die drittgrößte in Deutschland nach Hannover und Frankfurt gemessen an der Ausstellungskapazität. Das Unternehmen beschäftigt rund 500 Mitarbeiter und bietet 50 Messen in Köln und weltweit rund 30 an. Eine Herausforderung, der Katharina Hamma nicht widerstehen konnte. Als COO trägt sie Verantwortung für alle Kölner Eigenveranstaltungen.

 Career-Women.org: Frau Hamma, was ist Ihr Fazit nach 100 Tagen COO bei der Köln Messe?

 Katharina Hamma: Ich fühle mich in der neuen Aufgabe sehr wohl. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen ist hervorragend. Ich schätze insbesondere das freundliche Arbeitsklima. Im Gegensatz zu den Bayern lassen sich auch kritische Themen sachlich angehen. Der Ton ist ein anderer. Hierarchiestufen werden hier weniger formal gelebt, auch im Umgang mit Eigentümern, Gremien und der Politik.

 Career-Women.org: Was ist die größte Herausforderung für Sie als COO?

Katharina Hamma: Die Aufgabe ist sehr vielschichtig. Ich habe mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen und Kulturen zu tun. Wir haben viele ausländische Gäste und Aussteller.

 Career-Women.org: Welches sind die wesentlichen Unterschiede zwischen den Messen Köln und München?

Katharina Hamma: Die Portfolioausrichtung in München ist sehr Investitionsgüter-lastig. Köln ist stärker konsumorientiert und bedient mehr die unterschiedlichen Handelsstufen. Was die Internationalität der Kunden angeht, ist Köln genau so stark wie München bezogen auf die Veranstaltungen am Standort.

München hat vergleichsweise schon sehr früh begonnen, sich im Ausland zu orientieren und hat dort eine Reihe Messeveranstaltungen erfolgreich etabliert. Köln tat sich mit dem Thema Ausland zunächst schwer und hatte auch lange keine klare strategische Zielsetzung. Das hat sich nun geändert.

 Career-Women.org: In der Pressemeldung zum Arbeitsbeginn am 1. Oktober 2011 steht, dass sie nach 100 Tagen ein Statement dazu abgeben wollen, wie sich die Messe weiterentwickeln soll.

Katharina Hamma: Das habe ich auch getan, aber nach innen gerichtet an unsere Mitarbeiter. Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen, d.h. unsere Mitarbeiter als Dienstleister müssen als erste wissen, wo es lang geht.

Ich hatte eh nicht vor, nach 100 Tagen alles über Bord zu werfen. Es gibt diverse Stellschrauben, die man verändern kann, um das Produkt und den Standort besser zu positionieren und besser darzustellen. Aber dazu braucht man keine komplette Neuausrichtung.

Umstrukturierung der Koelnmesse

 Career-Women.org: Welche konkreten Ziele wollen sie in den nächsten fünf Jahren verfolgen?

 Katharina Hamma: Ein ganz konkretes Ziel ist die weitere Umstrukturierung des Unternehmens. Die Veranstaltungen waren bisher auf verschiedene Geschäftsführungsbereiche verteilt. Dadurch war eine inhomogene Abwicklungs- und Organisationskultur im Unternehmen entstanden. Es geht jetzt vor allem darum, dass eine einheitliche Vorgehensweise und ein einheitliches Verständnis von Veranstaltungen festgelegt wird. Wichtig ist, dass auch alle Mitarbeiter diesen Weg mitgehen und nicht der eine oder andere Bereich sich über- oder unterfordert fühlt.

 Career-Women.org: Komplizierter Akt.

 Katharina Hamma: Der Umgang mit Menschen ist immer kompliziert.

Career-Women.org:  Speziell in Köln mit Stichwort Kölscher Klüngel. Haben Sie das kölsche „Phänomen“ schon am eigenen Leib erfahren?

 Katharina Hamma: Dem Kölschen Klüngel eilen bundesweit Gerüchte voraus. Ich persönlich habe noch keine Erfahrung damit gemacht.

 Career-Women.org:  Aber Ihr neuer Arbeitgeber mit dem Bauträger. Haben die angedrohten EU-Sanktionen, weil der Bau der Messehallen nicht europaweit ausgeschrieben wurde, Konsequenzen für das Tagesgeschäft derKoelnmesse?

 Katharina Hamma: Schon. Aber vielleicht ist es auch eine Besonderheit von Köln, dass das Thema sehr breit in den Kölner Medien kommuniziert wird. Andere Messegesellschaften haben Messehallen auf einem anderen Weg finanziert und sind mitunter permanent Zuschussbetriebe. Die Koelnmesse ist kein Zuschussbetrieb. Im Vergleich mit den anderen Messegesellschaften ist Köln stabil aufgestellt.

Career-Women.org: Die Kölner und die Düsseldorfer Messe liegen gerade mal 40 km voneinander entfernt. Gibt es Austausch bzw Kooperationen miteinander?

 Katharina Hamma: Ein intensiver Austausch auf Verwaltungsebene findet generell unter den Messestädten im Rahmen der Gemeinschaft Deutscher Großmessen statt. Neben Köln und Düsseldorf sind darin Frankfurt, Hannover, Berlin, München sowie Nürnberg vertreten. Die jeweiligen Bereichsleiter treffen sich regelmäßig zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch auf operativer Ebene zum Thema Personal, Einkauf, IT, Kommunikation. Im Bereich der Akquisition von Gastveranstaltungen befinden wir uns allerdings mit allen im Wettbewerb.

 Career-Women.org: Wohin wird sich das Messegeschäft zukünftig entwickeln?

Katharina Hamma: Das Messegeschäft in Deutschland wird aus meiner Sicht stabil bleiben, wenn sich die Veranstalter aktiv im Ausland engagieren. Der Trend ist eindeutig: Die eigentlichen Absatzmärkte werden sich von Europa in Richtung Asien verschieben.

Career-Women.org:  Also mitSchwerpunkt Schwellenländer.

Katharina Hamma: Schwellenländer kann man heute nicht mehr sagen. China ist in Teilen ein sehr entwickeltes  Land. Die Chinesen sind auch im internationalen Vergleich bereits sehr wettbewerbsfähig.

 Career-Women.org:  Die Koelnmesse veranstaltet 2012 rd. 30 Messen im Ausland. Was sind die momentan wichtigsten Themen?

Katharina Hamma: Ein ganz großes Thema im Ausland ist für uns die Ernährung und Foodtechnologie in Asien. Eine wichtige Rolle spielen beispielsweise die Zahntechnologie sowie auch Einrichtung, Werkzeuge und Dentaltechnik.

Career-Women.org: Gibt es ein Thema, das Sie noch gerne loswerden möchten?

 Katharina Hamma: Ja, das Thema Frauenquote. Ich finde es schade, dass das Thema Frauen in Führungspositionen in eine Diskussion über gesetzliche Quoten abgerutscht ist. Ich befürworte die Quote nicht. Arbeitgeber brauchen das entsprechende Potential ebenso wie die für Führungsaufgaben erforderliche Qualifikation.

 Career-Women.org: Mangelt es aus Ihrer Sicht an qualifizierten Frauen?

Katharina Hamma: Nein. Aber die Frauen, die im mittleren Management tätig sind und Kinder bekommen, kehren nicht mehr ins Berufsleben zurück, weil das Angebot an Kinderbetreuungsplätzen nicht ausreicht.

Career-Women.org: Wenn wir schon beimThema sind. Wie sieht es mit der Frauenquote in der Kölner Messe aus?

 Katharina Hamma: Auf der Geschäftsführungsebene ist die Quote mit 33 Prozent übererfüllt. Im Führungskreis insgesamt macht der Frauenanteil 40 Prozent aus. Klar, wir sind Dienstleister mit einem traditionell hohen Anteil an weiblichen Beschäftigten.

 Career-Women.org: In Köln leben wir gerade in der 5. Jahreszeit. Sind Sie schon auf Karnevals-Sitzungen gewesen?

Katharina Hamma: Ich war gerade auf der allerersten Karnevalsveranstaltung in meinem Leben und habe festgestellt, dass Orden eine große Rolle spielen. Aus der Praktikumszeit an der Berliner Bühne am Halleschen Ufer habe ich noch einige Theaterorden, aus denen werde ich vielleicht, wenn es zeitlich hinhaut, für die nächste Sitzung noch basteln. Dass man in Köln Alaaf und nicht Helau ruft, habe ich bereits verinnerlicht.

Career-Women.org: Damit ist für Kölner schon einmal die wichtigste Hürde für die Integration genommen. Vielen Dank für das Interview.