„Typisch Frau, typisch Mann? Kommunikationsstile zwischen Klischee und Wirklichkeit“

Männer zwischen Herd und Kita, Karrierefrauen im Dienstwagen – die Alltagswirklichkeiten von Mann und Frau sind sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer ähnlicher geworden. An den Lieblingsthemen hüben wie drüben hat das allerdings nicht viel geändert, wie das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) im Auftrag von Jacobs Krönung herausgefunden hat.

Die aktuelle Studie „Typisch Frau, typisch Mann? Kommunikationsstile zwischen Klischee und Wirklichkeit“ belegt: „Neuigkeiten aus dem Freundes- und Bekanntenkreis“ sind mit 75 Prozent das Topthema der Frauen, bei Männern liegt „Sport“ mit 65 Prozent mit beachtlichem Abstand vorn. Und auch bei weiteren beliebten Themen bestätigt sich alles, was die Klischees von Venus und Mars hergeben: Männer reden viel lieber als Frauen über Autos, Technik, Politik, Wirtschaft und Geld, während sich die Gespräche von Frauen eher um Ge-sundheitsfragen, Kinder, zwischenmenschliche Beziehungen und Mode drehen.

Haben die zahllosen Sendungen, Artikel und Bücher also Recht, die sich immer wieder ernsthaft oder augenzwinkernd mit den vermeintlichen kommunikativen Inkompatibilitä-ten von Männern und Frauen beschäftigten? „Die männlichen und weiblichen Lebenswelten haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr angenähert, bemerkenswerterweise aber nicht das Interessenspektrum“, erklärt IfD-Geschäftsführerin Prof. Dr. Renate Köcher.

Gemeinsames Interesse an Freizeit und Beruf

Wie der jüngste Berichtsband der Studienreihe „Gesprächskultur in Deutschland“ zeigt, gibt es neben den ausgeprägten Affinitäten allerdings auch eine solide Basis gemeinsamer Themen, die sich in der Beliebtheit bei Männern und Frauen weniger stark unterscheiden. „Neuigkeiten aus dem Bekannten- und Freundeskreis“ sowie „Freizeit und Urlaub“ stehen ebenso auf der gemeinsamen Agenda wie „Essen und Trinken“, „Fernsehsendungen“ und „Pläne für die Zukunft“.

Außerdem ist für jeweils rund drei Viertel der vollzeitbeschäftigten Männer und Frauen die Arbeit ein beliebter Gesprächsgegenstand. Hier hat die kontinuier-lich steigende Frauenerwerbsquote möglicherweise ihre Spuren hinterlassen.

Nach wie vor weit verbreitet ist die Einschätzung, Männer können sich am besten mit Männern, Frauen am besten mit Frauen unterhalten – fast die Hälfte der Bevölkerung geht eher von getrennten als von gemeinsamen Kommunikationssphären aus. Umso erstaunlicher der Abgleich mit der Realität: Fragt man nach persönlichen Erfahrungen, so gibt hier jeweils nur rund ein Drittel tatsächlich an, sich mit den eigenen Geschlechtsgenossen besser unterhalten zu können. Hier sind die Rollenbilder offensichtlich überholt: Der kommunikative Graben zwischen Männern und Frauen ist tatsächlich kleiner als vielfach angenommen.

Klischees behaupten sich gegen die Wirklichkeit

Aber was hält von den lieb gewonnenen Stereotypen über „typisch“ männliche oder weibliche Kommunikationsstile der Überprüfung stand? Persönliche und emotionale Themen sind – da ist sich die Gesamtbevölkerung einig – Frauendomäne. Stimmt: Je-de zweite Frau redet gern über Gefühle, bei den Männern ist es nur jeder Sechste. Dafür setzen eher Männer die eigene Meinung durch, glauben 45 Prozent der Deutschen. Indes: Fragt man konkreter nach, wer sich im Allgemeinen in Diskussionsrun-den besser behauptet, fällt das Urteil viel weniger eindeutig aus, denn für die Mehrheit ist dies stark vom Einzelfall abhängig. Lohnend ist der Perspektivwechsel zwischen Fremd- und Selbstbild: Männer sehen sich zurückhaltender und weniger dominant, als sie von Frauen eingestuft werden. Hingegen attestieren sie den Frauen, gern im Mittelpunkt stehen zu wollen und häufig auch einmal ungefragte Ratschläge zu erteilen – eine Einschätzung, die nur von einer Minderheit der weiblichen Befragten geteilt wird.

Eines zeigt die Jacobs Krönung Studie sehr deutlich: Von den gängigen Klischees werden wir uns so schnell nicht verabschieden können. Zum einen sind diese – auch wider persönliche Erfahrungen – in unseren Köpfen offensichtlich noch sehr präsent. Zum anderen sind sie gerade in der jungen Generation stark verbreitet. Beschreibun-gen, die allgemein als typisch weiblich identifiziert werden, ordnen Männer unter 30 überdurchschnittlich häufig Frauen zu. Gleiches gilt – wenn auch etwas weniger aus-geprägt – für junge Frauen.
Studienreihe „Gesprächskultur in Deutschland“:

Die Studienreihe „Gesprächskultur in Deutschland“ wurde 2009 von Jacobs Krönung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach und Bild der Frau initiiert. Der jetzt veröffentlichte dritte Band „Typisch Frau, typisch Mann? Kommunikationsstile zwischen Klischee und Wirklichkeit“ basiert auf einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung von 1.852 Personen ab 16 Jahren im November und Dezember 2010. Die Studienreihe ist Teil der „Initiative für das gute Gespräch“, die Jacobs Krönung im Frühjahr 2008 ins Leben gerufen hat. Mehr zur Studienreihe gibt es unter http://www.gesprächskultur-in-deutschland.de.