Der Countdown läuft oder nicht?

Drei Wochen nach von der Leyens und Schröders Spitzengespräch mit den Personal-Verantwortlichen der Dax 30-Unternehmen tappt man immer noch im Dunkeln, an was die Verdreifachung von Frauen mit Führungspositionen von Frau Familienministerin gemessen wird. Präziser sind die Unternehmen, wenn sie von den Medien nach ihrer Einstellung zur Frauenquote gefragt werden – überwiegend ablehnend.

Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer spricht sich gegen starre Vorgaben aus.  „Wir sind gegen eine gesetzliche Quote“, sagte Ederer, die seit Mitte vergangenen Jahres die zweite Frau – neben Barbara Kux –  im Vorstand ist, der „Süddeutschen Zeitung“. Sie möchte, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen auf allen Leitungsebenen zunimmt und nicht nur im Aufsichtrat und Vorstand.  „Eine heute 30-Jährige Frau hat nichts davon, wenn es eine Quote im Aufsichtsrat gibt.“ Siemens hat laut Handelsblatt 3800 offene Stellen und sucht vor allem weibliche oder männliche Absolventen der Ingenieurwissenschaften, Informatik oder Physik.

 Die meisten der DAX 30 –Unternehmen lehnt die Frauenquote laut einer Umfrage der Frankfurter Rundschau ab. Die designierte erste Frau im Vorstand des Chemiekonzerns BASF , Margret Suckale, hält nichts von einer staatlich verordneten Frauenquote für Führungspositionen in Unternehmen. Der Bergbaukonzern Kali+Salz bezeichnete sie als „nicht sachgerecht“. So hätte sich nur der Münchner Versicherungskonzern Allianz vorsichtig zustimmend zu einer gesetzlichen Frauenquote. „Eine Quote zur Förderung von Frauen ist durchaus ein gangbarer Weg“, teilte das Unternehmen mit. Allianz belohnt schon seit ein paar Jahren Geschäftsführer mit einer Prämie, wenn sie einen Führungsposten mit einer Frau besetzen.

 Bei der RWE AG, so berichtete die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ unter Berufung auf informierte Konzernkreise, solle der Frauenanteil in den ersten drei Führungsebenen bis zum Jahr 2018 verdoppelt werden. Ziel sei es, die Quote von 11 auf 22 Prozent zu erhöhen. Ein Konzernsprecher habe dies auf Anfrage bestätigt, schreibt das Blatt.

 Rahmenbedingungen statt Quotenziele

Die Metro Group will mit einem neuen Konzept zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie laut Rheinischer Post beitragen. U.a. soll die Kinderbetreuung und das Angebot flexibler Arbeitszeiten ausgebaut werden. In einem Interview der Lebensmittel Zeitung sagte  Dr. Claudia Schlossberger, Chief Human Resources Officer der Metro Group: „Die Diskussion um zukünftige Quotenziele lenkt ab von der Tatsache, dass wir die praktischen Rahmenbedingungen verändern müssen, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen nachhaltig zu erhöhen. Wir arbeiten bereits seit geraumer Zeit daran – 18,6 Prozent unserer Führungspositionen werden bereits von Frauen wahrgenommen, womit wir über dem Durchschnitt der Dax-Unternehmen liegen. Und wir werden diesen Anteil noch signifikant steigern.“

Grüne Managerin in den Aufsichtsrat

Die frühere Bundesvorsitzende der Grünen, Gunda Röstel, wurde laut Handelblatt in den Aufsichtsrat des Stromkonzerns EnBW gewählt. Baden-Württemberg hält 45 Prozent der EnBW-Aktien. Der Hauptversammlung, auf der sie zum AR gewählt wurde, war sie fern geblieben. Es sei nicht das erste Mal, dass die 49-Jährige für Aufsehen sorgt. Laut Handelsblatt war sie im Oktober 2000 von der Politik in die Privatwirtschaft als Managerin für Projektentwicklung und Unternehmensstrategie zur Eon-Tochter Gelsenwasser AG geweschselt. Als die Stadtentwässerung Dresden diese übernahm, wurde die Mutter zweier Kinder dort Geschäftsführerin. Röstel sei zudem seit April 2010 Vorsitzende des Hochschulrates der Technischen Universität Dresden.

Aufsichtsrätinnen aus dem Ausland

Die Mehrheit der in den vergangenen Wochen für den Aufsichtsrat vorgeschlagenen Frauen hat ausländische Wurzeln: Dänin Fønss Schrøder bei Bilfiger Berger und Heidelberger Druckmaschinen, Britin Katherine Garrett-Cox bei der Deutschen Bank, Schweizerin Petraea Heynike für den Aufsichtsrat der Daimler AG, Schwedin Annika Falkengren (48) bei der Münchner Rück und bei VW, etc.  Laut Handelsblatt möchten die Unternehmen mit dieser Politik gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – Diversity und Internationalisierung. Hinzu komme, dass Deutschland laut Personalberater die wenigsten Frauen in Führungspositionen habe.

Frauenpower in türkischen Moscheen

In der Türkei geht es weniger um die Besetzung von Aufsichtsräten oder Vorständen, aber die Meldung ist genauso interessant: Das Religionsamt in Ankara will die Diskriminierung in Gotteshäusern beenden, schreibt Der Tagesspiegel. Mehmet Görmez, Leiter des staatlichen Religionsamtes in der Türkei, habe ein revolutionäres Projekt „Frauenpower in den Moscheen“ gestartet. Görmez hätte mehrere – aus Männern und Frauen bestehende – Expertenteams losgeschickt, um in Istanbul und anderen Städten die Moscheen auf Frauenverträglichkeit zu überprüfen und bei Bedarf bauliche Veränderungen zu empfehlen. Bis zum islamischen Fastenmonat Ramadan im Sommer sollen die Frauen in türkischen Moscheen anständig beten können.