Erfahrene Aufsichtsrätin plädiert für flexible Frauenquote

Sie war und ist in diversen Aufsichtsräten seit mehr als 15 Jahren tätig und plädiert auch deswegen für eine Frauenquote in den Kontrollgremien börsennotierter Unternehmen. „Die Quote ist wichtig als Impulsgeber, um die veränderte Kultur bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates zügig im Unternehmen zu implementieren“, erklärt Jella Susanne Benner-Heinacher im Interview mit Career-Women.

Benner-Heinacher, Rechtsanwältin, ist Geschäftsführerin bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW). Die DSW wurde 1947 für private Anleger gegründet. Mit rund 25.000 Mitgliedern gilt sie heute als einflussreicher Interessenvertreter auf der politischen Ebene als auch gegenüber den Aktiengesellschaften und den Banken. Zahlreiche Gesetze tragen die Handschrift der DSW. Im Rahmen des Corporate Governance Kodex hat sich die DSW für einen verstärkten Aktionärsschutz in Deutschland eingesetzt.

Career-Women.org: Frau Benner-Heinacher, warum befürworten Sie die Forderung einer Frauenquote für Aufsichtsräte?

Benner-Heinacher: Während es auf der Management-  und Vorstandsebene extrem schwierig scheint, mit einer Quote zu arbeiten, da weiblicher Nachwuchs für diese Ebenen unter Umständen noch Jahre bis zum Aufstieg benötigt, ist im Aufsichtsrat ein zügiger Wandel über die Wahl in den Aufsichtsrat durch die Hauptversammlung relativ kurzfristig umzusetzen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Quote als Impulsgeber, um die veränderte Kultur bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates zügig im Unternehmen zu implementieren. Allerdings sollte bei der Quote für den Aufsichtsrat der Anteil der Frauen im Unternehmen als Messlatte heran gezogen werden.

Bei einer Neubesetzung des Aufsichtsrates sollte zudem  vermieden werden, an die weiblichen Kandidaten höhere Anforderungen (z.B. weiblich und international) zu stellen als an ihre männlichen Pendants.

Career-Women.org: Sie haben langjährige Erfahrung als Aufsichtsrätin. Aktuell sind es zwei Mandate.

Benner-Heinacher: Seit 1995 war  ich zu verschiedenen Zeiten Mitglied in vier verschiedenen Aufsichtsräten börsennotierter Gesellschaften (DAX, M-DAX etc.). Aktuell halte ich ein Mandat bei K +S AG (DAX 30) und ein Mandat bei A.S. Creation AG.

 

Career-Women.org: Wie kam es zu den jeweiligen Nominierungen?

Benner-Heinacher: Die Anfragen erfolgten in der Regel über den jeweiligen Vorsitzenden des Aufsichtsrates, der dann den jeweiligen Nominierungsausschuss einschaltete. Dieser hat dann eine Empfehlung an den Gesamtaufsichtsrat ausgesprochen.  Der darauffolgende Beschluss des Aufsichtsrates hatte dann zur Folge, dass  meine  Wahl als Aufsichtsratskandidatin  der Hauptversammlung zur Entscheidung vorgelegt wurde.

 

Career-Women.org: Welche AR-Kompetenz wird von Ihnen, insbesondere als DSW-Geschäftsführerin, erwartet?

Benner-Heinacher: DSW-Vertreter werden für den Aufsichtsrat angefragt, da sie zum einen die freien Aktionäre, also den Streubesitz vertreten und zum anderen häufig über besondere Kompetenzen im Hinblick auf Corporate Governance-Themen, internationale Bilanzierung und Hauptversammlungsthemen verfügen.

 

Career-Women.org: Wie hoch ist die zeitliche Belastung eines AR-Mandats?

Benner-Heinacher: Durch die anhaltende Professionalisierung der Aufsichtsräte in Deutschland sind die Anforderungen an den Aufsichtsrat und seine Verantwortlichkeiten erheblich angestiegen. Dies hat einen erhöhten Vorbereitungsaufwand zur Folge und zugleich einen Anstieg der Sitzungshäufigkeit. Während früher vier Sitzungen pro Jahr ausreichten, liegen wir heute bei bis zu zehn Sitzungen pro Jahr inklusive außerordentlicher Treffen. Da für jede Sitzung inklusive der jeweiligen Vorbesprechungen zirka zwei Tage zu veranschlagen sind und dies auch in etwa der Vorbereitungszeit entspricht, ergibt sich heute ein Gesamtaufwand von bis zu 40 Tagen pro Mandat.

 

Career-Women.org: Welche Möglichkeiten haben Sie, die Beteiligung von Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen einzufordern?

Benner-Heinacher: Als Experte für  wesentliche Corporate Governance Themen liegt mir  die Einhaltung des Deutschen Corporate Governance Kodex durch das Unternehmen besonders am Herzen, auch wenn viele den Kodex als ‚lästiges Regelwerk‘ betrachten. Ein Teil der Empfehlungen des Kodex betrifft das Thema ‚Diversity‘  und die angemessene  Beteiligung von Frauen im Vorstand und im Aufsichtsrat.  Dabei  sollte diese Beteiligung auch den aktuell bestehenden Anteil von Frauen im dem jeweiligen Unternehmen berücksichtigen.