Frauenquote – wen interessiert das?

Den Anteil von Frauen in den Führungspositionen der großen Unternehmen zu erhöhen – die Frauenquote –kommt in jüngster Zeit immer wieder auf die bundespolitische Agenda. Aber ist es das, was Frauen, insbesondere berufstätige Frauen mit Familie, wirklich interessiert? Eine repräsentative Bevölkerungsumfrage von Emnid im Auftrag der DVAG lässt da Zweifel aufkommen. Von Wolfgang G. Gibowski

Eine große Mehrheit der Deutschen ist unzufrieden mit dem was Politik und Wirtschaft für berufstätige Frauen tun, um Beruf und Familie zu vereinbaren. 63% aller Befragten, darunter besonders viele Frauen, sagten dies den Interviewern von Emnid vor wenigen Tagen.

Die Berufstätigkeit von Frauen mit Familie, wie dies aufgrund der Doppelbelastung  funktioniert und die Sorge, ob dabei die Kinder nicht zu kurz kommen, ist nach wie vor ein ständiges, auch umstrittenes  gesellschaftliches Thema. Der kritische Blick auf berufstätige Frauen mit Familie , der vielfach noch von einem traditionellen Weltbild geprägt ist, das Frauen mit Kindern am liebsten  nur einen Platz zu Hause zuweist, lässt sich dabei leicht hinter den mit einer Berufstätigkeit verbundenen objektiven Schwierigkeiten alles zeitlich auf die Reihe zu kriegen, verstecken. Das mag eine Rolle spielen, wenn die Frage beantwortet werden soll, welche Art der Beschäftigung die beste ist, wenn eine Frau Beruf und Familie miteinander vereinbaren will oder muss. Nur 8% der befragten Frauen    (Männer: 12%) halten eine Vollzeit Erwerbstätigkeit dann für die beste Art der Beschäftigung. 32% der Frauen (Männer:25%) halten eine Teilzeit Beschäftigung für am besten, während für 56%, Frauen wie Männer, eine Beschäftigung mit flexibler Zeiteinteilung die beste Lösung ist.

Die Bereitschaft ein Thema für wichtig zu halten, das im Interview angesprochen wird,   ist sehr groß. Es kann daher nicht überraschen, wenn für 71% der Befragten die Diskussion über den Anteil von Frauen in den Führungspositionen großer Unternehmen ein wichtiges Thema ist. Relativierend ist zu sagen, dass dieses Anliegen, bei der regelmäßigen offenen Abfrage im Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen, noch nie aufgetaucht ist. Dennoch zeigt der sehr große Anteil derjenigen, die dieses Thema für wichtig halten, dass die politische Diskussion über eine Frauenquote für die Führungspositionen der großen Unternehmen, gemeint sind die Dax-Unternehmen, eine breite Öffentlichkeit erreicht hat. Für die Anhänger der Oppositionsparteien im Bundestag gilt dies übrigens noch stärker als für die Anhänger der Regierungsparteien.

Dennoch soll die Politik, wenn es um die praktische Umsetzung der Frauenquote geht, eher keinen Zwang ausüben. Dies ist breiter gesellschaftlicher Konsens. 25% aller Befragten sind der Auffassung, die Politik solle es, wenn es um die Frauenquote geht,  nur bei Appellen belassen. 37% meinen gar, die Politik solle  sich bei diesem Thema ganz heraushalten.  Diese Meinung wird allerdings von deutlich mehr Männern (43%) als Frauen (31%) vertreten.  Lediglich 11% aller Befragten sind der Auffassung, die Politik solle die Unternehmen zwingen mehr Frauen in Leitungspositionen zu beschäftigen, während 23%  dafür plädieren, die Politik solle erst mal an die Unternehmen appellieren und,  eventuell später, eine Frauenquote einführen. Diese Meinung wird von Frauen (27%) etwas häufiger geäußert als von Männern (19%). In allen Gruppierungen, auch unter den Anhängern der verschiedenen politischen Parteien,  ist  jeweils die Mehrheit gegen eine staatlich verordnete Frauenquote.

Insgesamt zeigt die Untersuchung, dass es sich bei der Diskussion um mehr Frauen in den Führungspositionen der großen  Unternehmen um ein im politischen Raum entstandenes Thema handelt, das in der Bevölkerung eher begrenztes Interesse hervorruft. Die wirkliche gesellschaftliche Erwartung an Politik und Wirtschaft ist dagegen viel weniger symbolisch und dafür sicher mühsamer: Frauen mit Familie, die arbeiten wollen oder müssen, erwarten Arbeitsbedingungen, die ihnen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, egal in welchen Positionen sie sich befinden.

Angaben zur Methode der Befragung: Vom 31. März – 2. April 2011 wurden von TNS Emnid, Bielefeld, im Auftrag der DVAG,  1004 Personen telefonisch befragt. Die Ergebnisse der Befragung sind repräsentativ für die Bevölkerung Deutschlands ab 14 Jahren. Die Fehlertoleranz beträgt bei Ergebnissen von 50% ca. plus/minus 3 Prozentpunkte. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei Wolfgang G. Gibowski – Beratung & Kommunikation,  Berlin.