Führungskräfte-Monitor 2017: Gleichstellung liegt in weiter Ferne

„Es geht voran, was den Anteil von Frauen in Führungspositionen betrifft“, resümiert Elke Holst, DIW-Forschungsdirektorin für Gender Studies, „allerdings liegt das Ziel, genauso viele Frauen wie Männer in Führungspositionen zu haben, noch immer in weiter Ferne. Der Frauenanteil nimmt nur noch langsam zu und gleicht zuletzt eher wieder einem Ritt auf einer Schnecke. Und das, obwohl Frauen schon seit vielen Jahren die Männer bei den Qualifikationen eingeholt und teilweise sogar überholt haben.“

Offenbar spielen kulturelle Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle: Während der Frauenanteil in Führungspositionen in Ostdeutschland bei 44 Prozent liegt, ist er in Westdeutschland mit 27 Prozent deutlich geringer und seit 1995 auch erheblich langsamer gestiegen. Um die Gleichstellung zu fördern, sieht Studienautorin Elke Holst nicht nur die Politik, sondern auch die Unternehmen in der Pflicht. Sie müssten die Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen als zentrales Unternehmensziel definieren und einen verbindlichen Zeitplan festlegen. Wichtig sei auch die Transparenz bei der Besetzung von leitenden Positionen und bei den Gehältern. Flexible Arbeitszeiten und Zeitsouveränität seien wichtige Optionen, um die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen in Führungspositionen voranzutreiben. „Unterstützt durch eine Politik aus einem Guss sowie eine stärkere partnerschaftliche Aufgabenteilung in der Familie können vorhandene positive Ansätze mehr Fahrt aufnehmen“, so Elke Holst. 

Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern bleibt groß

Der Gender Pay Gap bei Führungskräften hat sich in den vergangenen Jahren im Mittel leicht verringert, die Verdienstlücke bleibt mit durchschnittlich 23 Prozent aber erheblich. Betrachtet man statt des Durchschnittswerts den häufig als robustere Größe geltenden Medianwert, der von extrem hohen und niedrigen Werten kaum beeinflusst wird, liegt der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen sogar bei 26 Prozent und hat sich innerhalb von 20 Jahren nicht verändert.

Neben der Entwicklung des Anteils von Frauen in Führungspositionen und den Verdienstunterschieden geben die DIW-Forschungsdirektorin Holst und ihr Ko-Autor Martin Friedrich im Rahmen des Führungskräfte-Monitors, der auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) basiert, auch einen Einblick in die beruflichen und privaten Lebenswirklichkeiten von Führungskräften. Zu den Themen gehören neben Arbeitsmarkt- und Sozialstrukturen, Wochenarbeitszeiten, Bildung und Berufserfahrung auch Lebensstile, Haus- und Familienarbeit sowie Verdienste und Sondervergütungen. Erstmals wurden auch Indikatoren zur politischen Partizipation, zu Parteipräferenzen und Sorgen einbezogen.

So ist ein Ergebnis, dass Männer und Frauen in Führungspositionen ähnliche Wünsche mit Blick auf ihre Arbeitszeit haben. Beide Geschlechter würden ihre Wochenarbeitszeit gerne um sechs Stunden reduzieren. Bereits in den vergangenen Jahren konnten Führungskräfte ihre Arbeitszeit etwas verringern. Dass Männer im Durchschnitt mehr Wochenstunden arbeiten als Frauen (44 zu 41), ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass Frauen in Führungspositionen häufiger in Teilzeit tätig sind als Männer (22 zu sechs Prozent).

Präferenzen für Grüne und SPD

Erstmals gibt der Führungskräfte-Monitor des DIW Berlin auch Auskunft über die Sorgen, das politische Interesse und die Parteineigung von Führungskräften. Dabei zeigt sich, dass in leitenden Positionen das politische Interesse stärker ausgeprägt ist als bei Angestellten ohne Führungsaufgabe, Frauen aber weniger häufig sehr stark interessiert sind als Männer (38 zu 58 Prozent). Beide Geschlechter beschäftigten besonders die Themen Frieden, Ausländerfeindlichkeit sowie etwas weniger häufig Umweltschutz, Klimawandel und der soziale Zusammenhalt. Frauen neigten 2015 vor allem der Partei B‘90/Die Grünen zu (39 Prozent), Männer in Führungspositionen bevorzugten zu 44 Prozent die SPD. Unter den angestellten Führungskräften in der Privatwirtschaft kam die CDU/CSU auf Zustimmungswerte von rund 20 Prozent – würde man Selbständige, LandwirtInnen und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst einbeziehen, könnte dies jedoch anders aussehen.

Die Studie informiert auf Basis von neun Kerngrößen mit 52 Einzelindikatoren auf 168 Seiten nicht nur über die Entwicklung des Anteils von Frauen in Führungspositionen und den Verdienstunterschieden, sondern gibt auch einen Einblick in die beruflichen und privaten Lebenswirklichkeiten von angestellten Führungskräften in der Privatwirtschaft. Der Frauenanteil ist in dieser Gruppe in 20 Jahren (1995 bis 2015) um rund zehn Prozentpunkte auf etwa 30 Prozent gestiegen. Vor dem Hintergrund des rasanten Qualifikationszuwachses von Frauen in Vergangenheit bleibt die Entwicklung hinter den Erwartungen zurück.

Offenbar spielen auch  kulturelle Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle: In Ostdeutschland lag der Frauenanteil 2015 bei 44 Prozent und war innerhalb von 20 Jahren um 19 Prozentpunkte gestiegen; in Westdeutschland lag er hingen zuletzt bei 27 Prozent und nahm in 20 Jahren mit 8 Prozentpunkten deutlich schwächer zu. Damit  sind in Ostdeutschland sowohl das Niveau des Frauenanteils sowie die Entwicklungsdynamik höher als in Westdeutschland.

 DIW Führungskräftemonitor 2017