Best Practice in MINT-Diversity

Maschinenbau-Ingenieurin Barb Samardzich, Leiterin der Produktentwicklung bei Ford of Europe, ist der beste Beweis, dass auch „Ingenieurin“ steile Karriere machen kann. Der Autobauer unterstützt das im Rahmen seiner Diversity- sowie seiner Aus- und Weiterbildungs-Strategie. Interview mit Brigitte Kasztan, Diversity Managerin Ford of Europe.

Die Zahl der Ford-Managerinnen mit MINT-Background lässt sich sehen. Beweis dafür ist u.a. die Zahl der Auszeichnungen. Als der  „deutsche ingenieurinnenbund e.V.“ (dib) anlässlich seines 25-jährigen Bestehens die 25 einflussreichsten Ingenieurinnen Deutschlands suchte, kamen gleich zwei Frauen der Ford Werke GmbH in Köln in die Liste der Auserwählten:  Dipl.-Ing. Martina Beyer, Abteilungsleiterin Radaufhängungen (aller europäischer Fahrzeuglinien), und Dipl.-Ing. Simin Lostar Schräpfer, Leiterin der Endmontage. Und auch das sei erwähnt: Erst kürzlich wurde Brigitte Kasztan bei der Verleihung des ersten Deutschen Diversity Preises von McKinsey, Henkel und Wirtschaftswoche mit einem Exzellenz-Award geehrt.

 Vor einem Jahr, Brigitte Kasztan hatte gerade ihren Job als Diversity Managerin Ford of Europe angetreten, fragten wir sie, ob es spezielle Förderprogramme für aufstiegsorientierte Frauen geben wird. Ihre damalige Antwort: „Das widerspricht unserem Diversity Gedanken. Wir wollen keine „Minderheitenförderung“ innerhalb des Unternehmens betreiben, sondern jedem und jeder die Chance bieten, sich mit seinen jeweiligen Besonderheiten einzubringen.“ Daran hat sich nichts geändert, auch wenn es das erklärte Ziel gibt, den Frauenanteil in höheren Managementfunktionen zu steigern. Das betrifft natürlich auch die technischen Bereiche.

 Frau Kasztan, könnten Sie uns bitte noch einmal näher erläutern, was Diversity bei Ford bedeutet?

 Brigitte Kasztan: Gern. Wir stellen uns im Diversity-Management nicht die Frage, was Diversity ist sondern wie wir bei Ford mit dieser großen Vielfalt, die sich ja auch in der Gesellschaft wiederspiegelt, sinnvollerweise umgehen. Unsere Antwort darauf lautet, dass jedes Individuum bei uns akzeptiert, respektiert und wertgeschätzt werden muss in dem, was er oder sie mitbringt. Es geht uns nicht darum, Minderheiten zu fördern. Vielmehr ist unser Ziel – und da sind wir hoffentlich schon ein ganzes Stück weit voran gekommen, alle gleicherweise einzubeziehen. Warum? Wer sich ausgeschlossen fühlt, bringt nicht die quantitative und qualitative Leistung, die wir von ihm erwarten.

 Wie erreichen Sie die Wertschätzung jedes Einzelnen?

 Brigitte Kasztan: Wir haben bereits vor 15 Jahren damit begonnen, Trainingsprogramme zum Thema Diversity in der gesamten Belegschaft duchzuführen. Das Konzept dafür habe ich damals mit entwickelt. Eine der Übungen basiert bspw. darauf, unseren Mitarbeitern begreiflich zu machen, dass jeder je nach Blickwinkel einmal zur Mehrheit und ein anderes Mal zur Minderheit gehören kann.

 Kommen wir zum Thema Frauen in technischen Berufen. Sie sagen, MINT fängt in der Schule an…

 Brigitte Kasztan: Genau. Wir haben festgestellt, dass es nicht ausreicht, in den Universitäten Absolventinnen zu rekrutieren. Es gibt zu wenige Frauen mit technischem Abschluss. Beispiel: 2009 gab es im Bereich der Elektrotechnik 871 Absolventinnen. Darum bewarben sich Automobilhersteller, Maschinenbauer und viele andere Unternehmen. Die Zahl, unter der wir auf der Suche nach Kandidatinnen auswählen können, ist damit einfach zu gering für uns.

 Und wie binden Sie die Schulen ein?

Brigitte Kasztan: Ich glaube nicht, dass Frauen technisch unbegabter sind. Aber wir haben es mit vorgeprägten Präferenzen zu tun. Mädchen tendieren nach der Schule bspw. eher zur Reisebürokauffrau als zur Industriemechanikerin. Oder sie entscheiden sich für die Wirtschaftswissenschaften. Ford hat daher schon in den Neunzigern damit begonnen, in den Schulen Interesse für technische Berufe zu wecken. Mädchen sind im Alter von 10 bis 12 Jahren erfahrungsgemäß noch relativ offen. Um sie neugierig zu machen, wurde das Projekt „FiT -Frauen in technischen Berufen“ in Köln ins Leben gerufen. FiT richtet sich an Mädchen von der 7. bis zur 13. Klasse sowie an Lehrkräfte.

 Bringt  „FiT – Frauen in technischen Berufen“ den erwünschten Erfolg?

 Brigitte Kasztan: Das FiT-Projekt ist nachweislich erfolgreich. In den technischen Bereichen sind durchschnittlich 18 Prozent der Azubis weiblich. In den Neunzigern lag die Quote noch bei 4 Prozent. 65 % aller Mädchen, die zu uns kommen, haben im Vorfeld an einer der FiT Veranstaltungen teilgenommen.

Wie überzeugen Sie junge Frauen, ein Maschinenbau- oder Elektrotechnikstudium zu beginnen?

 Brigitte Kasztan: Für junge Frauen, die kurz vor der Berufsauswahl stehen, veranstalten wir gemeinsam mit der Fachhochschule Köln ein so genanntes Try-Ing-Programm. Es beinhaltet eine Woche Schnupperstudium am Lehrstuhl für Automobilwirtschaft und eine Woche Schnupperkurs in unserer Produktentwicklung in Merkenich. Damit möchten wir jungen Frauen vermitteln, wie spannend ein technisches Thema sein kann. Unser Ziel ist,  ihnen unser duales Ausbildungsangebot „do2technik“, d.h. Ausbildung plus Studium, schmackhaft zu machen.

 Hat sich bei Ford der Fachkräftemangel in technischen Berufen bereits bemerkbar gemacht?

 Brigitte Kasztan: Nein. Wir haben noch genügend Bewerbungen, um gut auswählen zu können. Wünschenswert wäre ein bunteres Bild bei den Bewerbern. Ich gehe aber davon aus, dass Fachkräfte knapp werden, wenn die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Berufsleben ausscheiden. Momentan profitieren wir vom guten Ruf eines globalen Unternehmens. Aber diese Sicherheit ist trügerisch. Deswegen ist es gut, dass wir bei Ford dauerhaft ausbilden und intern unsere Fachkräfte weiterbilden.