Verena Lepper erhält 1,5 Millionen Euro ERC Starting Grant

Die Berliner Ägyptologin und Orientalistin Prof. Dr. Verena Lepper erhält eine der wichtigsten Auszeichnungen der Forschungswelt überhaupt, den ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC). Ihr stehen nun für ihr Forschungsvorhaben „Localizing 4000 Years of Cultural History. Texts and Scripts from Elephantine Island in Egypt“ in den kommenden fünf Jahren insgesamt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Lepper ist seit 2008 Kuratorin für Ägyptische und Orientalische Papyri am Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin, wo auch ihr Forschungsprojekt angesiedelt ist.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sagt dazu: „Nur zehn Prozent der Antragsteller haben beim ERC Starting Grant überhaupt Erfolg. Frau Prof. Lepper hat sich unter einer Vielzahl hoch qualifizierter Mitbewerber durchgesetzt, was nicht anders als ein Triumph zu nennen ist. Dass sie darüber hinaus die beantragte Fördersumme im vollen Umfang erhalten hat, ist eine außergewöhnliche Leistung, zu der ich sie sehr herzlich beglückwünsche. Für die SPK ist es auch eine Bestätigung, dass sie als außeruniversitäre Wissenschaftseinrichtung hohes Renommee und internationale Wertschätzung besitzt.“

Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin ergänzt: „Ich gratuliere Frau Prof. Lepper zu diesem großartigen Erfolg! Für die Weiterentwicklung des Forschungsprofils der Staatlichen Museen zu Berlin ist dieses Projekt ein wichtiger Schritt.“ Jean-Pierre Bourguignon, Präsident des ERC, schrieb: „I am confident that this grant will help you to continue your research at the highest possible level, and to achieve ground-breaking results in the true spirit of the ERC.“

Ziel des Forschungsvorhabens von Verena Lepper ist es, die 4000 Jahre umspannende Kulturgeschichte der ägyptischen Nilinsel Elephantine zu untersuchen. Kaum eine andere ägyptische Siedlung ist so gut dokumentiert: Zahlreiche Schriftzeugnisse aus der Zeit vom Alten Reich bis nach der arabischen Eroberung haben sich bis heute erhalten. Sie sind unter anderem aufgrund der multiethnischen und multireligiösen Zusammensetzung der dortigen Bevölkerung in rund zehn unterschiedlichen Sprachen und Schriften abgefasst, darunter Hieroglyphen, Hieratisch, Demotisch, Aramäisch, Griechisch, Koptisch und Arabisch. Diese mehrere Tausend Papyri und Manuskripte aus Elephantine werden heute in über 60 Einrichtungen in und außerhalb Europas bewahrt. Rund 80 Prozent davon sind noch nicht erforscht und publiziert.

Verena Lepper beherrscht 15 Sprachen, darunter all jene, in denen auf Elephantine Texte verfasst wurden. Die 1973 geborene Rheinländerin studierte in Bonn, Köln, Tübingen und Oxford (UK) Ägyptologie, Semitistik und Christliche Orientalistik und absolvierte ihr Promotionsstudium in Ägyptologie und Semitistik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und an der Universität Harvard (USA). Vor ihrer Tätigkeit als Kuratorin am Ägyptischen Museum und Papyrussammlung war sie unter anderem als Postdoctoral Fellow in Harvard tätig. Seit 2011 lehrt sie an der Freien Universität Berlin Ägyptologie; an der Humboldt-Universität zu Berlin hat sie seit 2013 eine Honorarprofessur inne.

Verena Lepper beschäftigt sich bereits seit ihrem Studium und in unterschiedlichen Projekten mit Elephantine. Zuletzt leitete sie 2012 bis 2014 das von der Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters geförderte Projekt „Die Ägyptische und Orientalische ‚Rubensohn-Bibliothek‘ aus Elephantine“ am Ägyptischen Museum und Papyrussammlung in Berlin, im Rahmen dessen sie die in Berlin bereits erschlossenen Papyri aus Elephantine digitalisierte und der internationalen Forschung zugänglich machte.

Dank des ERC Starting Grant kann Verena Lepper nun mit einem Team von 10 Mitarbeitern die Elephantine-Forschungen weiter treiben. Als „hosting institution“ hat sie dabei die SPK mit ihrem Ägyptischen Museum und Papyrussammlung gewählt. Dort befindet sich, neben dem Louvre in Paris, dem Brooklyn Museum in New York und dem Ägyptischen Museum in Kairo, die weltweit größte Sammlung von Papyri aus Elephantine. Die Schriftstücke, die zwischen 1906 und 1908 nach Berlin kamen, sind zum großen Teil noch nicht erschlossen und in den wenigsten Fällen erforscht. Im Rahmen des Projektes verfolgt Verena Lepper zur Zugänglichmachung der Papyri einen interdisziplinären Ansatz: Die gefalteten und gerollten Dokumente sollen auch mit naturwissenschaftlichen Methoden lesbar gemacht werden. Mit Unterstützung eines Physikers und eines Mathematikers und unter Einsatz beispielsweise eines Computertomographen wird eine Methode entwickelt, die eine virtuelle Rekonstruktion von Papyri erlaubt, ohne diese physisch zu entfalten. Die digitale Erschließung der Papyri ist auch zentrale Voraussetzung für das geplante internationale „Papyrus-Puzzle“. Dabei sollen Dokumente digital zusammengefügt werden, deren Teile sich heute an verschiedenen Orten befinden. Gleichzeitig sollen im Rahmen des Projektes einem globalhistorischen Ansatz folgend Fragen zu den Inhalten der Texte aufgegriffen werden: Dazu zählen beispielsweise Alltag, Familie, Identität oder Multikulturalität.