Sorge um IKT-Standort Deutschland

Deutschland muss sich im Wettlauf der Digitalisierung mehr anstrengen. Ein Schlüsselfaktor für künftige Exporterfolge wie Industrie 4.0 oder Smart Cities ist die sichere und zuverlässige Kommunikation. Die Zutaten hierfür kommen zunehmend von woanders – Software und Internet aus den USA, Mikrochips aus Asien, auch beim Ausbau der IKT-Infrastruktur sind andere Standorte deutlich aktiver. All das hat Auswirkungen auf die digitale und industrielle Souveränität: auf Basistechnologien, kritische Infrastrukturen und digitale Anwendungen der Zukunft.

Damit Deutschland/Europa hier nicht den Anschluss verliert, fordert der VDE die Produktion von Chips in Europa im Rahmen einer strategisch angelegten Innovationspolitik zu stärken, die Regulierung und die Vergabe von Mobilfrequenzen investitionsfreundlicher zu gestalten und die Innovationsförderung gerade für kleine und mittelständische Unternehmen weiter zu verstärken. Das ist die Quintessenz des „VDE Trend-Check IKT 2020“, den der Verband heute auf der CeBIT in Hannover vorstellte. Für die Studie befragte der VDE unter anderem seine Mitgliedsunternehmen sowie Hochschulen der Elektro- und Informationstechnik.

Große Potentiale für die Industrie sieht der VDE im Bereich IT-Security. „Gerade bei der Informationssicherheit kann sich Deutschland sehen lassen. Die Nachfrage nach sicheren Cloud-Diensten wächst stark, IT-Sicherheit hat hier einen hohen Wert. Das kann ich aus den Erfahrungen meines Unternehmens bestätigen“, sagt VDE-Präsident Dr. Bruno Jacobfeuerborn, Geschäftsführer Technik bei der Telekom. Wenn Deutschland in industriellen Schlüsselbranchen wie Industrie 4.0 mitbestimmen möchte, ist es mit Blick auf IT-Sicherheit dringend notwendig, Gefahren durch sogenannte Chip-Backdoors auszuschließen und IT-Lösungen für End-to-End-Security zu finden. Nur wenn die gesamte Innovationskette vom Chip-Design bis zur Fertigung vor Ort, vom Mikrochip über Embedded Systems bis zu cyber-physischen Systemen verfügbar ist, kann Deutschland bzw. Europa seine Position in industriellen Schlüsselbranchen behaupten. Technisch gesehen geht es bei Industrie 4.0 um die Integration von Cyber-Physischen Systemen (CPS) in die Produktion und Logistik sowie um die Anwendung des Internets der Dinge und Dienste in industriellen Prozessen. „Deutschland hat das Zeug dafür, Leitanbieter für intelligente Produktionstechnologien und Leitmarkt für CPS-Technologien und -Produkte zu werden – allerdings nur, wenn die Unternehmen optimale Bedingungen vorfinden und durch gezielte Maßnahmen gefördert werden“, so VDE-Präsident Jacobfeuerborn.

Das Gegenteil ist aber der Fall: Seit 2008 schrumpfen die Marktanteile Europas, beim Pro-Kopf-Verbrauch von Chips bildet Europa das Schlusslicht, das Geschäft mit den Chips wird fast ausschließlich in Asien gemacht, gefolgt von den USA. Die EU Initiative „Electronic Components and Systems für European Leadership“ (ECSEL) ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Bis 2020 soll Europa damit einen weltweiten Marktanteil von 20 Prozent erreichen. Um das zu schaffen, wären EU-weit jährliche Investitionen von 25 Mrd. US Dollar nötig. Zwischen 2010 und 2013 waren es weltweit im Mittel 60 Mrd. US Dollar und europaweit nur 2,6 Mrd. US Dollar – letzteres reichte nicht einmal für eine halbe Fabrik.

Der „VDE-Trend-Check IKT-2020“ ist kostenlos im InfoCenter auf der Website des VDE (www.vde.com) als Download erhältlich.