Fluktuationsrate bei CEOs gesunken in D/AU/CH

Wechselquote legt im europäischen und globalen Durchschnitt auf 15,3% bzw. 15% zu / Verweildauer im Amt sinkt im deutschsprachigen Raum auf 6,2 Jahre / Energieversorger und IT-Branche mit den meisten Neubesetzungen auf Führungspositionen

Die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland führt zu relativer Stabilität in den Führungsetagen deutscher Konzerne. So mussten im vergangenen Jahr lediglich 11,7% der Vorstandsvorsitzenden der 300 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ihren Chefsessel räumen. 2011 lag die Quote noch um 5 Prozentpunkte höher bei 16,7%, im Krisenjahr 2009 sogar bei 21,3%. Damit sind deutsche Unternehmen im europäischen und weltweiten Vergleich ein Hort der Stabilität. So legte die Wechselquote europaweit auf 15,3% zu (2011: 14,8%). Der weltweite Durchschnitt stieg 2012 nur leicht von 14,2% auf 15%. International drehte sich das Personalkarussell mit 23,7% (Vorjahr: 22%) in den Wachstumsregionen Brasilien, Russland und Indien am schnellsten.
Trotz der vergleichsweise niedrigen Wechselquote von CEOs im deutschsprachigen Raum sank die durchschnittliche Verweildauer im Amt von 7,6 Jahren in 2011 auf 6,2 Jahre im vergangenen Jahr. Europaweit ist die Amtszeit mit durchschnittlich 5,1 Jahren (2011: 6,9 Jahre) noch kürzer und die ausscheidenden CEOs im Mittel mit 57,5 Jahren ein Jahr jünger als die Kollegen im deutschsprachigen Raum mit 58,5 Jahren.
Das sind zentrale Ergebnisse in der „Time for New CEOs: The 2012 Chief Executive Study” der internationalen Strategieberatung Booz & Company. Diese hat die Veränderungen in den Toppositionen der 2.500 weltweit größten börsennotierten Unternehmen nun bereits zum zwölften Mal untersucht. Dabei werden langfristige Trends durch den Vergleich der Daten aus 13 aufeinanderfolgenden Jahren analysiert.

CEO-Nachfolge als strategische Aufgabe – Mehr als ein Drittel der „Neuen“ kommt aus dem Ausland
Für Deutschland gilt: In einem wirtschaftlich vergleichsweise prosperierenden Umfeld folgt die Wachablösung an der Unternehmensspitze in den meisten Fällen einem langfristigen Plan. „Unsere aktuelle Studie verdeutlicht: Aufsichtsräte deutschsprachiger Unternehmen verstehen das proaktive Scouting sowie den langfristigen und gezielten Aufbau geeigneter Kandidaten für Toppositionen zunehmend als zentrale und ureigene Aufgabe des Boards“, resümiert Klaus-Peter Gushurst, Sprecher der Geschäftsführung von Booz & Company im deutschsprachigen Raum. So erfolgten in dieser Region 79,5% der Wechsel wie vorgesehen, d.h. entweder aufgrund auslaufender Verträge oder altersbedingt. Lediglich 14,5% der ausgeschiedenen CEOs wurden zum Rücktritt gezwungen, 6% der Abgänge an der Unternehmensspitze sind auf Fusionen und Übernahmen zurückzuführen.
Gleichzeitig erweisen sich Vorstandsetagen hierzulande als immer internationaler. So kommen bereits 37% der neuen CEOs aus einem anderen Land als Deutschland, Österreich oder der Schweiz. 68% des neuen Führungspersonals haben vor dem Sprung an die Spitze langjährige Auslandserfahrung in operativen Funktionen gesammelt. Im Rest Europas können das lediglich 57% der neuen Vorstandsvorsitzenden von sich behaupten, weltweit sogar nur 45%. „Viele Konzerne aus dem deutschsprachigen Wirtschaftsraum generieren signifikantes Wachstum vor allem in Schwellenländern und auf Exportmärkten wie etwa den BRIC-Staaten. Ein international besetzter oder zumindest erfahrener Vorstand ist ein zentraler Erfolgsfaktor, um im globalen Wettbewerb langfristig zu bestehen“, so Gushurst.

Energiewende führt zu Personalrochade
Im Branchenvergleich fanden 2012 die meisten Spitzenpersonal-Veränderungen bei den Energieversorgern statt. Mit 29,4% (2011: 12,5%) wurde hier fast jeder dritte CEO ausgetauscht. Mit RWE und EnBW erhielten zwei der deutschen Top-3-Unternehmen in diesem Segment einen neuen Mann an der Spitze. Im IT-Bereich betrug die Quote 22,2%. Im 2011 mit einer CEO-Fluktuation von 33% noch heftig betroffenen Health-Care-Sektor beruhigte sich die Lage dagegen auf einen Wert von 20%.
Extrem ernüchternd fallen die Studienergebnisse beim Thema „Frauen in Führungspositionen“ aus. So schaffte es nur eine einzige Frau bei den CEO-Wechseln innerhalb der 300 größten Unternehmen im deutschsprachigen Raum: Jasmin Staiblin in der Alpiq Holding. Für alle anderen neu zu besetzenden Toppositionen wurden ausschließlich Männer berufen. International gingen immerhin 5% der Spitzenjobs an Frauen.

Nur jeder vierte CEO hat promoviert
Im Gegensatz zum Geschlecht spielen höhere akademische Weihen als Türöffner zu den deutschsprachigen Führungszirkeln offensichtlich keine zentrale Rolle. Lediglich 23% der neuen Topleute weisen eine Promotion vor. In Europa sind es 14%, weltweit sogar nur 9%. Umgekehrt verhält es sich dagegen mit dem MBA. Während in Deutschland, Österreich und der Schweiz 15% einen solchen Abschluss an einer der internationalen Business Schools erworben haben, sind es europaweit 19% bzw. weltweit 29%. „Die CEO-Agenda hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Neben kontinuierlicher Prozess- und Kostenoptimierung müssen deutsche Konzernlenker ihren strategischen Fokus heute vor allem auf die forcierte Erschließung der internationalen Absatzmärkte und die konsequente Digitalisierung des Geschäftsmodells legen“, so Gushurst. „Dass viele deutschsprachige Unternehmen die internationale Innovations- und Qualitätsführerschaft in ihrer Branche besitzen, ist ein Beleg dafür, dass die aktuelle CEO-Generation das notwendige Skillset für die anstehenden strategischen und operativen Herausforderungen besitzt.“

Zur vorliegenden Untersuchung
Booz & Company untersuchte in der Studie „Chief Executive 2012“ die 2.500 weltweit größten börsennotierten Unternehmen. Für Deutschland, Österreich und die Schweiz wurden ergänzend die 300 größten Unternehmen in dieser Region analysiert. Es floss sowohl die Performance der Unternehmen zum Zeitpunkt der Ablösung als auch die Art und Weise des Ausscheidens des CEO ein. Aussagen über Trends und Entwicklungen beziehen sich auf die bereits vorgelegten Booz & Company-Studien zu CEO-Ablösungen aus den Jahren 1995 und 1998 sowie die jährlichen Studien ab 2000. Seit 2007 bezieht die Studie auch die Performance jener beteiligten Firmen ein, in denen kein CEO-Wechsel stattfand.