Erstmals zwei Frauen unter den vier Erstplatzierten

Nach einem harten Selektionsprozess standen im November die Sieger des von MyKinsey initiierten Förderwettbewerbs fest. Über 2.000 Studienabgänger, darunter 500 Frauen, hatten sich um die Auszeichnung als „CEO of the Future“ beworben. Die Gewinner waren Daniel Kobn, Kathrin Rieger, Kerstin Neist und Josef Zintl. Interview mit Kerstin Neist .

In der ersten Runde des „CEO of the Future“ waren die Teilnehmer aufgerufen, in einem Essay ihre Vision vom zukünftigen Bild des Managements zu entwickeln. Anhand strenger Kriterien wurden 20 Finalisten ermittelt. In speziellen Trainings wurden die Auserwählten in der nächsten Runde auf künftige Führungsrollen vorbereitet. Erstmals war im Angebot auch ein Seminar zum Thema „The Female CEO of the Future“.  

Am 5. November 2011 hatten die „CEOs in spe“ dann die Chance, das Erlernte beim Finale in der McKinsey AlpineUniversity in Kitzbühel anhand einer Fallstudie den Vorstandsvorsitzenden resp. Personalverantwortlichen der Partnerunternehmen zu präsentieren. Die vier besten Finalisten werden mit persönlichen Mentoren aus den Partnerunternehmen sowie attraktiven Karrierebudgets in Höhe von 7.000, 5.000 und 3.000 Euro belohnt.

Stolz, Freude und Neugier

Career-Women: Bayer-Vorstandsvorsitzender Marijn Dekkers, einer der Juroren in Kitzbühel, äusserte sich gegenüber n-tv begeistert von der Intelligenz und der Begeisterung, mit der die Finalisten sich in Kitzbühel präsentierten. Seine Empfehlung an die NachwuchsmanagerInnen: Stärken herausstellen und Schwächen nicht unter den Teppich kehren. Was sind Ihre persönlichen Schwächen?

Kerstin Neist: Eine meiner Schwächen könnte in meiner starken Harmonieorientierung liegen. Im oftmals harten beruflichen Alltag kann ein harmonisches Zusammenwirken nicht immer erfüllt werden. Ich denke der Wunsch nach Harmonie ist ein typisches Frauenthema. 
Eine andere Schwäche ist, dass ich schneller und mehr denke als ich zum Ausdruck bringe. Es fällt so anderen teils schwer, mir und meinen Ideen zu folgen.
 
Career-Women: Eine weitere Empfehlung von Dekkers ist, sich Jobs zu suchen, die eine wirkliche Herausforderung darstellen. Welche Herausforderung war Ihnen bei der letzten Jobsuche wichtig?

Kerstin Neist: Mir war wichtig, dass ich mich mit Themen beschäftige, mit denen ich mich zum Einen identifizieren kann und die mich zum Anderen inhaltlich und konzeptionell herausfordern. Ich halte es mit Friedrich Nietzsche und betrachte den Arbeitsalltag unter folgendem Motto: „Alle Hindernisse und Schwierigkeiten sind Stufen, auf denen wir in die Höhe steigen“.
 
Career-Women: Juror Eckhard Cordes, Vorsitzender der Metro Group, war voll des Lobes: „Was ich heute an Qualität dieser jungen Leute gesehen habe, ist unglaublich.“ Alle waren „hervorragend ausgebildet, weltoffen, realistisch, rational. Wenn das die zukünftige Managergeneration Deutschlands ist, dann sind wir gut aufgestellt.“ Erfüllt Sie das mit Stolz?

Kerstin Neist: Es macht mich stolz, eine tolle Ausbildung genossen zu haben sowie in Kitzbühel die Möglichkeit gehabt zu haben, vor solch erfahrenen Managern präsentieren zu dürfen. Es freut mich sehr, dass Herr Cordes an unseren Präsentationen Gefallen gefunden hat.
 
Career-Women: „Nicht eindimensional sein“, lautete die Empfehlung von Cordes an die Spitzenmanager in spe. Gut aufgestellt sei, wer die Komplexität des Umfelds, in dem ein Unternehmen agiert, versteht. „Nur wer Megatrends, Politik und Fachverständnis vereint, kann ein Top-Manager werden.“ Welchen Megatrend beobachten Sie in Ihrer Branche?

Kerstin Neist: Die Automobilindustrie steht ganz klar vor großen Herausforderungen. Themen wie die zunehmende Vernetzung, die Neo-Ökologie und damit einhergehend die Elektromobilität werden das Fahrverhalten und -gefühl der Menschen zukünftig verändern. Ich freue mich an der Lösungsentwicklung zu diesen Fragestellungen mitwirken zu können.
 
 
Career-Women: Für Kaspar Rorstedt, Henkel-Vorstandsvorsitzender, war es „ein spannender Tag“ mit vielen guten Präsentationen. „Ohne internationale Erfahrung in einer globalen Welt kommt man nicht voran,“ In welchem Land würden Sie am liebsten zusätzliche internationale Berufserfahrungen sammeln?

Kerstin Neist: Ein Sprachaufenthalt in Shanghai sowie eine kurzzeitige Projektarbeit mit Teammitgliedern aus Taiwan und Japan haben mein ohnehin bestehendes Interesse für den asiatischen Raum weiter vertieft. Meinen internationalen Erfahrungsschatz würde ich daher gerne in einem ersten Schritt um Japan erweitern.
 
Career-Women: Sie haben sich zielbewusst und konsequent auf eine berufliche Karriere im Studium vorbereitet. Was planen Sie, um sich weiter beruflich zu profilieren?

Kerstin Neist: Ich habe zwar gewisse Wünsche und Vorstellungen, wie sich mein berufliches Leben zukünftig gestalten könnte, jedoch werde ich in meinem neuen Job nun erst einmal alles auf mich zukommen lassen anstatt detailliert zu planen. An der ein oder anderen Stelle werden sich sicher Möglichkeiten ergeben, bei denen ich aktiv an meinen Zielen arbeiten kann. Wichtig ist – wie so oft – einfach mit offenen Augen und bereit für Neues durch die Welt zu laufen.
 
Career-Women: Welche Rolle spielt Familiengründung bei Ihren Planungen?

Kerstin Neist: Das Thema Familiengründung habe ich bei all meinen Planungen immer im Hinterkopf, es entscheidet aber aktuell noch nicht primär über die weiteren Karriereschritte. Es ist mir jedoch wichtig zu wissen, ob es bei meinem Arbeitgeber perspektivisch Möglichkeiten gibt, die eigene Karriere auch mit Nachwuchs weiterverfolgen zu können.
 
Career-Women: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?

Kerstin Neist: Ein Leben voller Gesundheit und Freude für meine Familie und Freunde.

Kerstin Neist: Disziplin und Leistungsorientierung mit Hang zur Harmonie

Kerstin Neist, 27, Dritt-Plazierte beim „CEO of the Future“, entschied sich nach dem Abitur zunächst für ein duales Studium. Es beinhaltete eine Stammhauslehre für Nachwuchsführungskräfte bei Siemens. Für ihren Abschluss als Industriekauffrau mit 1,3 erhielt sie von der IHK eine Auszeichnung. Parallel dazu absolvierte die gebürtige Berlinerin ein Bachelor-Studium in Business Administation, das sie als Jahrgangsbeste abschloss.

Anderthalb Jahre später – in der Zwischenzeit war Kerstin Neist als Controllerin bei Siemens im Unternehmensbereich Fossil Power Generation tätig – erhält sie vom DAAD ein Leistungsstipendium für ein Master-Studium an der renommierten Universität St. Gallen in der Schweiz. Ihr Schwerpunkt: Corporate Accounting&Finance. Im Januar 2012 fängt die frisch gebackene  M.A. HSG bei Volkswagen in Wolfsburg als Consultant an.  sicherlich auch den nächsten Karriereschritt ins Auge fassen.

Ihre Auflandsaufenthalte waren kurz aber nachhaltig, was sich u.a. an der Liste der Sprachkenntnisse abliest: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch. Die Disziplin, die die Finanzspezialistin im Studium bewiesen hat, ist ihr auch als Leichtathletik-Sportlerin nicht fremd. Seit zehn Jahren hat sie eine C-Trainerlizenz für das Grundlagentraining. Auszeichnungen wie das Deutsche Sportabzeichen in Gold oder „Ehrenamtliche des Jahres“ von der Sportjugend Berlin beweisen zudem ihre Leistungsorientierung in allem, was die junge Nachwuchsmanagerin macht.

Auf die Frage, womit sie bei der Präsentation in Kitzbühel gepunktet hat, heißt es selbstbewusst, „ich denke durch meine offene, freundliche und authentische Art während der Präsentation (Fallstudie Porsche) und in der anschließenden Fragerunde“. Zudem habe sie von Jury-Mitgliedern das Feedback erhalten, dass sie von ihrer strategischen Denkweise beeindruckt waren sowie von ihrem Witz, der die Jury zum Lachen gebracht hat.