Genderforschung im Bauingenieurwesen

Prof. Dr. Susanne Ihsen von der TU München folgt Ruf der Fachrichtung Bauingenieurwesen zur Frauen- und Geschlechterforschung. „Wir sind stolz, dass wir als erste Fachhochschule in Rheinland-Pfalz die Klara Marie Fassbinder Gastprofessur erhalten haben“, freute sich FH-Präsident Prof. Dr. Kristian Bosselmann-Cyran anlässlich der Auftaktveranstaltung an der Fachhochschule Koblenz.

Die interdisziplinäre und internationale Gastprofessur „Frauen und Geschlechterforschung Rheinland-Pfalz“ wird seit 2001 durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur gefördert. Sie wird semesterweise mit einer international renommierten Wissenschaftlerin besetzt und rotiert zwischen den rheinland-pfälzischen Hochschulen. Zum Wintersemester 2011/12 wurde die Professur, die seit diesem Semester „Klara Marie Fassbinder Gastprofessur“ heißt, an die Fachrichtung Bauingenieurwesen der Fachhochschule Koblenz vergeben. Dem Ruf an die FH ist die Sozialwissenschaftlerin Prof. Dr. Susanne Ihsen von der Technischen Universität München gefolgt.

Klara Marie Fassbinder wurde 1890 in Trier geboren und gilt als eine der bedeutendsten Aktivistinnen der deutschen Frauen- und Friedensbewegung. Ziel der nach ihr benannten Gastprofessur ist es, internationale Impulse für die Frauen- und Geschlechterforschung in Rheinland-Pfalz zu setzen und damit das Renommee dieses zukunftsweisenden Forschungsbereichs zu stärken. Dabei gilt es, das Lehrangebot vor allem in den Bereichen zu erweitern, die diesem Forschungszweig noch nicht so aufgeschlossen gegenüberstehen sowie Lehrenden und Studierenden das „Networking“ zu ermöglichen.

Für den Prodekan des Fachbereichs Bauwesen, Prof. Dr. Norbert Krudewig, kommt die Gastprofessur genau zum richtigen Zeitpunkt. „Der Fachkräftemangel im Ingenieurbereich wird sich weiter verschärfen, was voraussichtlich ab 2015 deutlich spürbar wird“, so seine Einschätzung. Gleichzeitig liegt der Frauenanteil im Bauingenieurstudium bei gleichbleibend niedrigen 18 Prozent. „Wir wollen durch einen in der Entwicklung befindlichen, gendergerechten Bachelorstudiengang mit verbesserten Rahmenbedingungen für Frauen den Frauenanteil im Bauingenieurwesen deutlich erhöhen“, betont der Leiter der Fachrichtung Bauingenieurwesen. Für Krudewig markiert die Klara Marie Fassbinder Gastprofessur, die an der FH durch Prof. Dr. Susanne Ihsen als ausgewiesene Expertin auf dem Gebiet der Frauen- und Geschlechterforschung besetzt ist, einen ersten wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum ambitionierten Ziel der Koblenzer Bauingenieure.

Maria Andreacchi von der Gleichstellungsstelle der FH Koblenz hofft, dass sich die Ergebnisse der Frauen- und Geschlechterforschung auch in das Lehrangebot der anderen technischen Studiengänge an der Fachhochschule Koblenz integrieren lassen, um mittel- bis langfristig den Anteil von Frauen in Führungspositionen und Professuren zu erhöhen. „Die Gastprofessur bildet an der Fachhochschule Koblenz eine Schnittstelle zwischen der Frauen- und Geschlechterforschung und den Ingenieurwissenschaften. Damit verbunden ist die Chance, zukunftsweisende Impulse für die Entwicklung von MINT-Studiengängen für Männer und Frauen zu setzen“, ist sich Maria Andreacchi sicher.

Im laufenden Semester sind an der Fachhochschule Koblenz verschiedene Vorträge und Workshops mit Prof. Dr. Susanne Ihsen geplant. Während die Workshops den Studierenden vorbehalten sind, werden die Vorträge der Gastprofessorin hochschulöffentlich angeboten. Für den 12. Januar ist eine Abschlussveranstaltung geplant, bei der Masterstudierende der Hochschule die Ergebnisse der Workshops zum Diversity Management vorstellen werden.

Zur Person: Prof. Dr. Susanne Ihsen
Die interdisziplinäre und internationale Gastprofessur Frauen und Geschlechterforschung Rheinland-Pfalz wird seit 2001 durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur gefördert. Sie wird semesterweise mit einer international renommierten Wissenschaftlerin besetzt und rotiert zwischen den rheinland-pfälzischen Hochschulen. Für das Wintersemester 2011/12 wurde sie erstmals an eine Fachhochschule vergeben. Den Ruf auf die Gastprofessur in der Fachrichtung Bauingenieurwesen der Fachhochschule Koblenz hat Prof. Dr. Susanne Ihsen von der Technischen Universität München (TUM) angenommen.

Susanne Ihsen absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Erzieherin bevor sie ihr Studium der Sozialwissenschaften an der Universität Duisburg begann. Nach dem Vordiplom wechselte sie zur RWTH Aachen, wo sie die Fächer Soziologie, Politische Wissenschaft und ITWZ belegte. In ihrer Magisterarbeit betrachtete die gebürtige Bielefelderin die Studiensituation von Maschinenbau-Studentinnen an der RWTH. 1999 promovierte Dr. Susanne Ihsen. In ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit der Entwicklung einer neuen Qualitätskultur in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen.

In verschiedenen Gremien wie der Bundesgemeinschaft Hochschuldidaktik oder der Gemeinsamen Kommission für die Studienreform im Land Nordrhein-Westfalen ist immer wieder der Sachverstand der Sozialwissenschaftlerin gefragt. Von 1999 bis 2004 ist Frau Ihsen in der VDI-Hauptgeschäftsstelle tätig, ab 2001 als Leiterin der Abteilung Beruf und Karriere. Seit Dezember 2004 hat Susanne Ihsen die Professur für Gender Studies in Ingenieurwissenschaften an der TU München inne. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte sind Gender und Diversity in Organisationen / Wissenschaftsmanagement, Gender und Diversity in der Ingenieurkultur (Ausbildung und Beruf) sowie Gender und Diversity in der Technikforschung.

Ehrenamtlich ist sie als stellvertretene Vorsitzende des Komptenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit aktiv. Im Kompetenzzentrum laufen die Fäden des Girls’day, des Boys‘ day und des Nationalen Pakts für mehr Frauen in MINT-Berufen zusammen. Sie ist außerdem als externe Gutachterin bei Berufungsverfahren an deutschen Universitäten und Fachhochschulen im Bereich Gender und Diversity aktiv, war Akkreditierungsbeauftragte der TUM-Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik (2008-2010), ist Expertin und Gutachterin in verschiedenen nationalen und internationalen Kommissionen, Gremien, Vereinen, außerdem Beraterin für öffentliche Einrichtungen und Unternehmen zum Thema „Frauen in Aufstiegs- und Führungspositionen“.